Rund um den Großen Krieg (1914 bis 1918) und
das Zusammenbrechen etlicher Monarchien
wurden Ethnien quer über den Kontinent
verschoben, auch umgebracht. Das nahm bis
zum Untergang Jugoslawiens kein Ende.
Apropos!
Wodurch unterscheiden sich
bosnische, kroatische und serbische Leute?
Sie haben die gleiche Sprache. Dieses Bonmot
fiel mir beim Nachdenken über Palästina ein.
Jene Region, aber auch Bosnien und
Herzegowina, waren einst osmanische
Provinzen.
Als die Osmanen auf dem
Balkan und im Nahen Osten zurückstecken
mußten, griff hier Österreich und dort
Großbritannien nach diesen Provinzen. Das
habsburgische Österreich konnte diesen
Zugriff 1878 durch den Berliner Kongreß
rechtlich absichern. Dem folgte 1908 die
Annexion, denn die Habsburger wollten auf
dem Balkan expandieren.
Das britische Mandat über Palästina wurde vom
Völkerbund 1920 verhandelt und 1922 ratifiziert.
Auf dem Balkan wie im Nahen Osten waren jeweils
ganz verschiedene Ethnien davon betroffen, nun
unter eine neue Herrschaft zu kommen.
Die
balkanischen Probleme mit dem Faktum, daß nicht
jede Ethnie einen eigenen Nationalstaat bekommen
kann, kennen wir aus nächster Nähe. In Bosnien
und Herzegowina ringen politische Formationen
bis heute um Stabilität; trotz deutlicher
ethnischer Konflikte, Aus dem Kosovo hören wir
von ähnlichen Problemen.
Was türkische
und kurdische Leute angeht, scheinen die
mörderischen Auseinandersetzungen beendet zu
sein. Nordirland ist befriedet, die Waffen der
IRA schweigen. Aber der Brexit hat das Thema
wieder in die Nachrichtensendungen gebracht. Die
baskische ETA hat in Spanien das Morden
aufgegeben.
Rembetiko: Die Musik vertriebener
Griechen.
Ich erzähle das, weil ich daran erinnern möchte,
daß moderne Nationalstaaten ein junges
politisches Phänomen sind. Dabei ist noch längst
nicht alles erledigt und befriedet. Es gibt
Erfahrungswerte, wie viele illoyale Bürgerinnen
und Bürger ein Staat bewältigen kann, ohne zu
zerbrechen. Das sorgt für Spannungen.
Wenn diese Prozesse in Palästina also noch nicht
vollendet sind, dann steht auf jeden Fall außer
Diskussion, daß Waffengänge zu keinen Lösungen
führen. Es bedarf politischer Akte, also der
Verständigung, die zu Konsens führt.
Es
ist evident, daß es nach der Herrschaft der
Osmanen in Palästina bis heute keinen intakten
und legitimen Nationalstaat gab, außer Israel,
dessen Status als völkerrechtlich anerkannt
gilt.
Obskures Politik-Karaoke aus
Vorarlberg.
Fußnötchen
Aufzeichnungen
benennen für 1922 die Bevölkerung Palästinas
(ausgenommen Beduinen des südlichen Distriktes
und britische Mannschaften) so: 757.182
Menschen, davon 590.890 Muslime, 83.794 Juden,
73.024 Christen und 7.028 Drusen.
Ich
gehe hier – mangels Sachkenntnis – nicht weiter
auf die Konfliktlage zwischen arabischen Leuten
und Israelis ein. Unbestritten ist: das
britische Mandat für Palästina endete am 14. Mai
1948. Es war auch der Tag der israelischen
Unabhängigkeitserklärung.
Es folgte jener
unverzichtbare Prozeß des Ringens um
internationale Anerkennung als Nationalstaat.
Nun meine Frage: Wovon genau und für wen genau
möchten Schreihälse Palästina befreien? Den
einzigen Staat der Juden abschaffen?