Von Gleisdorf nach Judenburg zu gelangen
ergibt drei Stunden Fahrt mit zwei
Umstiegesorten, Graz und Bruck. Eine
Autofahrt würde etwa die Hälfte der Zeit
fordern, bindet einen aber umfassend, da hat
dann sonst wenig Platz.
Außerdem habe
ich zuhause nicht annähernd so komfortable
Sitzmöbel, wie sie mir aktuelle
Zuggarnituren bieten. Ich war wochenends
unterwegs, um in der „Langen Nacht der
Museen“ eine weitere Session im Puchmuseum
Judenburg umzusetzen.
Kurioses
Detail: Das Grazer Museum im Stammwerk von
Johann Puch war in diesem Zusammenhang
geschlossen. Egal! Die eher jungen
Geschichte der Entwicklung von
„Wunderkammern“ der Aristokratie und des
hohen Klerus zu mehr oder weniger geordneten
Museen für das Volk, ist erst ab der
Französischen Revolution darstellbar, also
ab dem späten 18. Jahrhundert.
"Schöner wohnen" für einen
Proletarier ;-)
Auf diesem Weg konnten unsere Leute dann nach
1848 wenigstens formell Auswege aus der Rolle
der Untertanen suchen. Dieses Ringen um die
Wandlung eines Imperiums in einen modernen
Nationalstaat hat über Verdun, Auschwitz und
Srebrenica geführt.
In all dem ist die
soziale Revolution der Veränderungen
persönlicher Mobilität durch eine Verbreitung
preiswerter Kraftfahrzeuge fast ein nettes
Kapitel. Das hat markante Abschnitte und die
Scooter-Story, die Geschichte der Motorroller,
ist einer davon.
Das interessiert mich
heute unter anderem in einem
sozialgeschichtlichen Zusammenhang und als Teil
einer Volkskultur in der technischen Welt, wie
sie Ethnologe Hermann Bausinger vor mehr als
einem halben Jahrhundert beforscht und
beschrieben hat.
Buch vor Smartphone, eine
antiquierte Pose!
Naheliegend, daß ich in all dem auch
Querverbindunden zum Kunstfeld finde,
beziehungsweise derlei Themen in meinem
bevorzugten Triptychon festmache: Volkskultur,
Popkultur, Gegenwartskunst. Das ist übrigens
auch Teil meiner Arbeit an unserem „Archipel“,
einem Beispiel kollektiver Wissens- und
Kulturarbeit in der Provinz, also abseits des
Landeszentrums. (Provinz muß ja nicht
provinziell heißen.) Es geht mir darum, unsere
Landkarten der Bedeutungen allenfalls zu
aktualisieren.
Naheliegend, daß zu meine
Lektüre auf dieser Judenburg-Fahrt erneut Roland
Barthes gehörte. Seine kleine Textsammlung
„Mythen des Alltags“ pendelt zwischen launigem
Plauderton und komplexen Gedanken, die ich mir
alle paar Jahre wieder vornehmen muß.
Ich übe mich weiter im Lesen der
Auenstreifen..