Mir ist nach all den Jahrzehnten meiner
Befassung damit klar, daß sowas eine
individuelle Kontaminierung zur Folge hat,
die man nicht loswerden kann. Nein, nicht in
dem Sinn, daß ich davon ideologisch
vergiftet wäre. Ich bin ein Mann der
Republik und genau darin durchaus
kämpferisch getönt.
Aber da nistet
sich etwas in einem ein. Es schöpft sich für
Nachgeborene aus wenigstens zwei Quellen.
Erstens die Traumata derer, von denen all
das angerichtet wurde, wozu der Faschismus
befähigt. Zweitens die Gewalttätigkeit, die
einen als Kind in solchen Milieus treffen
kann. All das ist, so wurde mir klar, von
einer Art der bitteren Mitleidlosigkeit
eingehüllt.
Ich konnte einiges davon
erst entschlüsseln, als mir Menschen
vertraut wurden, die wenigstens zehn Jahre
jünger sind als ich, von Müttern geboren und
Vätern anvertraut, die frei von Täterschaft,
Schlachtfelderfahrungen etc. sind. Ich hatte
entdeckt, daß an ihnen eine Leichtigkeit
ist, die ich nicht kenne.
Fritz Aigner und Thais Bauer.
Es fiel mir nicht gleich auf, daß ich mich über
eine Verdichtung mehrerer Themen gerade wieder
in diese Zusammenhänge begeben hatte. Durch die
Begegnung mit Pianistin Thais Bauer, die auch
als Komponistin aktiv ist, bekam ich wieder mit
Regisseur Fritz Aigner zu tun. Den Angelpunkt
dafür schuf Fotograf Richard Mayr, der mit
beiden schon verschiedene
Kooperationssituationen absolviert hat.
So bin ich eben im Tonstudio gelandet, wo die
Filmmusik für einen Dokumentarstreifen Aigners
eingespielt wird, eine Komposition von Bauer.
Der Film bezieht sich auf ein Buch von Claudia
Zerkowitz-Beiser: „Meine jüdische Familie. Ihr
Leben in Graz und ihre Auslöschung.“ Zack!
Mitten im Thema. Naja, nicht nur... Hier meine
Dokuleiste zu diesem Ereignis: [
Link]
In diesen Tagen erreichte mich überdies Post
aus dem Dunstkreis der Neuen Rechten. Eines
ihrer Genies hat mich salopp mit der Stasi
assoziiert, weil ich die Aktivitäten
neofaschistischer Kräfte rezensieren,
dokumentiere. Das sind Leute, die eben, wie
eingangs erwähnt, sich offenbar für Aktive eines
neuen heroischen Zeitalters halten, welches
freilich bloß eine Klamotte nach ganz altem
Muster ist. Siehe dazu: „
Rechtsruck:
Scharler schreibt"!
MV Augusta Prospekt von 1950.
Parallel dazu bereite ich meinen Vortrag für die
„Lange Nacht der Museen“ vor. Ich werde im
Puchmuseum in Judenburg die Scooter-Story
durchnehmen, die übrigens auch einige
Schnittpunkte zum Thema Faschismus hat, in dem
die Volksmotorisierung unter anderem als Mittel
zur ideologischen Mobilisierung gedacht war.
Siehe: [
Link]
Dafür fresse ich grade Staub meines Archivs
und gehen alte Journale durch, etwa von den
1930er Jahren aufwärts. Dabei kamen mir etliche
Berichte über Jochen Rindt unter, dem King of
Cool meiner Jugendtage.
King of Cool Jochen Rindt.
Es würden ihn sicher viele als einen Helden
bezeichnen, doch aufgrund seiner völlig
unaufgeregten Haltung bei zugleich
Höchstleistungen im Motorsport womöglich auch
als Antihelden. Dazu dann sein quasi heroischer
Tod in Monza (5. September 1970), der von einem
technischen Gebrechen seines Lotus 72 verursacht
wurde.
Ich hab mich jüngst wieder
mehrfach mit dem Begriff „Helden“ befaßt, hier
am Beispiel des alten Ideals „Der Soldatische
Mann“; siehe: „
Das
Heroische und die Realität“!
Spätestens ab 1909 gibt es eine starke Tendenz,
die Autorennfahrer und die Aviatoren quasi als
zivile Pendants des soldatischen Mannes zu
stilisieren. Das zu dechiffrieren macht immer
noch Arbeit...