30. Juli 2023

Zuckersüß

Ich hab grade einen kühnen Selbstversuch laufen. Da ich ein Kochbuch-Legastheniker bin, was meint, ich verstehe Rezepte meist nicht, bleibt mir nur das Experimentieren. Egal, was dabei herauskommt, ich wappne mich mit Tapferkeit, um zu möglichst unterschiedlichen Marinaden zu gelangen.

Der Grund ist mein erneuter Ärger über Fertigprodukte. Wenn ich nachlässig war, kommt unweigerlich der Moment, in dem ich mit großen Unmut verstehe, was in der Geschäftswelt alles zulässig ist. Das bleibt freilich zu einem guten Teil Ärger über mich selbst, denn zum Glück haben wie eine Kennzeichnungspflicht.


Ich meine aus eigener Erfahrung, daß Zucker quasi eine Droge ist. Für diese Süße bin ich sehr anfällig. Also meide ich Zucker seit Jahren und setze voraus, die guten Gründe dafür sind allgemein bekannt. Deshalb genieße ich trotzdem gelegentlich süße Wohltaten, die kein Mensch aus Ernährungsgründen braucht, sondern die nur meinem Vergnügen dienen.

Was mich dann aber sehr ärgert, ist versteckter Zucker. Freilich kann man ihm zum Glück oft leicht auf die Spur kommen. Aber die Listen mit den Zahlen sind verdammt klein gedruckt. Es ist im Grunde das Framing, dem ich immer wieder aufsitze. Die Maskerade.

Ich lese, daß ein Stück Zuckerwürfel in Österreich durchschschnittlich 3,88 Gramm wiegt. Gut zu wissen! Ich mag zum Beispiel Ajvar in den zahlreichen Geschmacksvarianten. Auf einem Etikett steht „Ohne Konservierungsstoffe“, ferner „vegan“, und schon bin ich leichtsinnig. Später sehe ich: 8 Gramm Zucker auf 100 Gramm. Es macht bei einem Glaserl mit 350 Gramm also 28 Gramm Zucker.

Das klingt nach nichts. Bei den 3,88 Gramm pro Zuckerwürfel, ergibt das allerdings 7,2 Zuckerwürfel. Ich würde doch bestenfalls bei vorgehaltener Schrotflinte sieben, acht, Würfel Zucker in so ein Gläschen mischen.

Oder „Bio-Agavendicksaft“, zu dem via Etikett „aus biologischer Landwirtschaft“ betont wird. Das mag ja zutreffen. Ich bin dem Framing aufgesessen. Die Liste offenbart, daß bei 100 Gramm der Zucker rund 75 Gramm ausmacht, also drei Viertel der Substanz.

Ergo müßte auf dem Etikett eigentlich stehen: „Flüssiger Zucker mit Agavengeschmack“. Die Einheit enthält 350 Gramm, macht 262,5 Gramm Zucker oder 67,65 Zuckerwürfel. Ich muß das noch einmal rechnen, weil ich es nicht glauben kann.

+) 100 Gramm Sirup enthält 75 Gramm Zucker
+) 350 Gramm Sirup enthält 262,5 Gramm Zucker
+) 262,5 / 3,88 = 67,65 Zuckerwürfel
...die man niemals in dieses Fläschchen drücken könnte.

Ich gehe davon aus, daß ich über allerhand Produkten Zucker zu mir nehme, ohne es zu bemerken, ohne es prüfen zu können. Also liegt für mich nahe, jenen Zucker auszuschlagen, der erkennbar ist, bleibt sicher noch genug, das durchgeht. Und was wird als vertretbar angesehen? Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit folgt Empfehlungen der WHO.

Zitat: „Für einen durchschnittlichen Erwachsenen (bei einer Kalorienzufuhr von 2.000 kcal) entsprechen 10 Energieprozent nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag (ca. 10 Teelöffel bzw. 14 Stück Würfelzucker). [Quelle]

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