15. Juli 2023

Kompetenzgewitter

Selbstverständlich hab ich zu so gut wie allem eine Meinung. Das kann gar nicht anders sein. Schon allein aufgrund einer physiologischen Ausstattung. Antonio Damasio nannte das „somatische Marker“.

Kurz gefaßt: unser Leib arbeitet massiv mit, wenn wir uns über die Welt Gedanken machen. Das Wort „Bauchgefühl“ trifft sehr zu. Eine gefühlte Reaktion auf Eindrücke ist oft für unsere Entscheidungen wichtig, gibt schneller Auskunft als der Verstand.


Ich hab zu all diesen brisanten, aktuell kursierenden Themen mein Bauchgefühl. Benzin, Diesel oder elektrischer Strom. Fleisch und Gemüse. Wölfe und Schafe.Vermögenssteuer. Klimafragen. Putin und von der Leyen, auch Werner Kogler. Fußball und Schifahren.

Die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden. Oder ich sag einfach: alles, alles, alles, macht mir ein Bauchgefühl und etliche Gedanken. Ich meine, das drückt ein Stück der Conditio humana aus und ist daher nicht weiter erwähnenswert.


Andere aber hauen ihre Gefühle und gefühlten Annahmen via Social Media raus. Gut. Kann man machen. Ist überwiegend todlangweilig. Ich gebe Ihnen ein moderates Beispiel, an welcher Schwelle ich da anstehe.

Das Land Steiermark hat heuer die Bevölkerung befragt, was denn bezüglich des Flusses Raab zu tun sei, um den Bedürfnissen der Menschen entgegenzukommen. Außerdem hat das EU-Parlament erst vor wenigen Tagen ein Gesetz zum Thema Renaturierung verabschiedet.

Ich befasse mich seit vielen Monaten annähernd täglich mit den Bächen und Flüssen in meinem Lebensraum. Ich gehe hinaus ins Gestrüpp. Ich sehe mir die so unterschiedlichen Passagen an. Dazu lese ich natürlich allerhand Fachliteratur, um besser zu verstehen, womit ich es da zu tun hab. Ich lerne langsam, wie man die Landschaft liest.



(Quelle: ORF)

Diese Dichte der Befassung kommt aus einer Faszination, die mir meine Gänge ins Gestrüpp, in die Matrix der Gewässer, laufend einbringen. Doch selbst nach diesen vielen Monaten des erhöhten Interesses am Wasser sehe ich mich nicht gerüstet, in eine Debatte einzusteigen.

Was also wäre etwa an der Raab zwischen Gleisdorf, Feldbach und Fehring zu tun, zu verändern? Ich staune, wie man einerseits die Bevölkerung dazu von der Landesebene her befragt, was andrerseits so an Reaktionen kam.

Allerhand Gerede, nur um einmal gehört zu werden? Aber ich kann mich doch beruhigt zurücklehnen, denn mich umgibt ein Volk von Fachleuten. Ein wütendes Kompetenzgewitter. Hier eine Konsulentin, da ein Experte, alles wird gut. Oder?

+) Matrix der Gewässer