23. Juni 2023

Netzkultur: Ein Tänzchen


Als Kind des Patriarchats hab ich Vorteile, für die naturgemäß andere Menschen Nachteile hinnehmen müssen. Das zu begreifen fällt nun nicht gerade unter „Raketenwissenschaft“. Ich denke, es läßt sich damit völlig unaufgeregt umgehen, wenigstens auf Seiten der Männer, wenigstens um in der Klärung voranzukommen, wie sich das in Ordnung bringen ließe.



Wenn zwei Alphas ein Tänzchen erwägen...

Es bleibt mir ein wenig schleierhaft, weshalb dennoch oftmals erigierte Männchen durch Debatten geistern, als gäbe es kein Morgen. Künstlerin Monika Lafer hat mir den nützlichen Hinweis gegeben, daß hier eine Mischung aus Gewohnheit und Körperchemie am Wirken sein kann.

Wir Menschen, so Lafer, seien „Gewohnheitstiere“, die meist den geringsten Aufwand bevorzugen, um Vorteile zu lukrieren. Das würde sich auch darin manifestieren, welche Bereiche unseres körperlichen Chemiehaushaltes bevorzugt zur Sache kämen. Und das, die Körperchemie, gestaltet ja unsere Wahrnehmung ganz erheblich.


Vermutlich wirken in uns Primaten-Männchen auch verlockende Narrative, die oft gegen alle Vernunft eine betörende Anziehungskraft ausüben. Das haben mir gerade zwei exemplarische Alpha-Männchen vorgehüpft, über die ich mich dann auf Facebook spontan gar nicht lustig machen konnte.

Ich notierte: „boulevard hin, operette her, diese wuchtel liegt heute so prall herum, daß sie gekickt werden MUSS. thema: wenn jungs selbst mit deren geschäftserfolgen und weltweiten medienpräsenz noch einen öffentlichen schwanzvergleich brauchen, dann muß zum zustand unserer vorherrschenden männerkultur nichts weiter gesagt werden und ich erkläre mich wenigstens für heute symbolisch zur toppflanze, um als geschlechtsgenosse mit solchen pfeifen auf keinen fall assoziiert zu werden. ich nehme ab morgen interessensbekundungen zur gründung einer selbsthifegruppe anonymer patriarchen entgegen.“


Zack! Abgewiesen: „Dein Beitrag wurde erfolgreich auf Facebook veröffentlicht. Uns ist jedoch aufgefallen, dass er anderen Beiträgen ähnelt, die entfernt wurden, weil sie gegen unsere Standards gegen Hassrede verstoßen.“

Das ist eine bemerkenswerte Rechtsauffassung: „dass er anderen Beiträgen ähnelt, die entfernt wurden“. Eine ganz knieweiche Sanktionsankündigung, statt festzustellen: „Diese und jene Aussage ist in unserer Hütte unakzeptabel!“.


Gut, zugegeben, es war nicht sehr höflich, die zwei babyfaced Millionaires auf Facebook Pfeifen zu nennen, mit denen ich nicht assoziiert werden möchte. Sie verstehen schon, damit war nicht die Frage des Geldes, die ist ja evident, sondern die Frage des Mannseins gemeint.

Facebook-Software hat eben, wenn es um den eigenen Chef geht, eine niedere Reizschwelle, denn auch dieser Kommentar löste umgehend eine Sanktionsdrohung aus:

„oooha! es hat keine zehn sekunden gedauert und mein kleiner kommentar zur vorherrschenden männerkultur wurde – zoinggg! - geahndet. (nein, liebe leute, zensur ist was GANZ anderes. hier wird bloß die hausordnung durchgesetzt.)“

Alles sehr lehrreich, wenn man über öffentlichen Diskurs und über die vorherrschenden Männerkultur nachdenkt.

+) Netzkultur

[Kalender] [Reset]



Auch mein Kommentar zum Kommentar wurde sofort markiert.