1. März 2023

Der hybride Krieg II

Mir erscheint das Hybride als Begriff nützlich, weil ich – wie erwähnt – das Kontrastpaar „Kalter Krieg/Heißer Krieg“ nicht mehr aufschlußreich genug halte. Es findet ein konventioneller Krieg statt. An dem sind nicht bloß reguläre Verbände beteiligt. Rußland duldet auch den Einsatz der „Gruppe Wagner“ von Warlord Jewgeni Prigoschin. Das sind Söldner. Privatwirtschaftlich aufgestellte Kriegsknechte.

Prigoschin investiert Millionen in Öffentlichkeitsarbeit. Rußland und die Ukraine führen natürlich ebenso einen Info-Krieg. Wolodymyr Selenskyj pflegt medienwirksame Auslandsauftritte und empfängt – ebenso medienwirksam – politische Kräfte aus anderen Ländern.


Zu all dem kommen heute diverse Bloggers, die das Meinungsbildungsgeschäft mitgestalten. Der Info War hat also längst ganz andere Dimensionen als eine US-Praxis aus dem Irakkrieg. Um 2003 kam Amerika mit seinem „Embedded Journalism“ ins Gerede. Man nahm Kriegsberichterstatter an die Leine, kettete sie jeweils an eine kämpfende Einheit. Das ist freilich geradezu nett im Vergleich zum „Team Jorge“, welches heuer aufflog. Eine Firma, die seit 1999 damit befaßt ist, die öffentliche Meinung zu korrumpieren.

Fake News-Kampagnen, Hackerattacken, Desinformation, Verleumdungsprojekte, das Bedrohen und Einschüchtern von Menschen, was immer auch gebraucht und bezahlt wurde, kam beim „Team Jorge“ zur Ausführung. (Rund 30 nationale Wahlkämpfe eingeschlossen.)

Die Nazi waren in Sachen Propaganda epochemachend. Eine Art Broadcasting. Eine Nation bestrahlte die Welt mit ihren Bildern und Botschaften. Heute ist es komplexer. Da agieren PR-Agenturen weltweit, um die jeweiligen Messages der zahlenden Absender zu implementieren wo immer es möglich ist. Von überall nach überall.

Hinzu kommt die Arbeit von Troll-Farmen, welche Felder der Social Media aufmischen, um Themen und Debatten zu lenken; teilweise durch Bots, also durch Software-Päckchen, die handelnde Personen simulieren. Im hybriden Krieg ist der Anteil des Medienkriegs so unverzichtbar wie schwere Waffen auf dem Boden und wie Kampfflugzeuge, die sich in einem Gebiet naturgemäß ungleich schneller bewegen können als Panzer.


Doch der Info War reicht nicht bloß Jahre, sondern sogar Jahrzehnte zurück, als sich zwischen Westeuropas Neuer Rechten und russischen Neofaschisten bemerkenswerte Verbindungen entfaltet haben. Das hat Putin stets zu nutzen gewußt, um auf westliche Regierungen und Zivilgesellschaften einzuwirken. Schlau gemacht! (Zur Erinnerung: Boris Jelzin sah Putin als seinen Wunschkandidaten und ernannte ihn im Sommer 1999 zum Ministerpräsidenten.)

Unter meinen Glossen zur Gleisdorfer Unruhe trägt die #38 den Titel „Das Heidegger-Ding“. Da ist vom Neofaschisten Alexander Dugin die Rede und Sie finden dabei ein Foto von einem der Gleisdorfer Protestmärsche mit der Standarte von Präsident Putin.

Ich schrieb: „Erinnern Sie sich, daß ich hier mehrfach notiert habe, in den 1980er Jahren habe sich eine Neue Rechte formiert und quer durch Europa systematisch nach gesellschaftlicher wie politischer Macht gegriffen, ihren Einfluß strategisch ausgebaut? In meiner Bibliothek stammen die wichtigsten Bücher zum Thema aus den Jahren 1989 bis 1992, was besagt: Anfang der 1990er Jahre war klar, womit wir es da zu tun haben.“ [Quelle]

In der anschließenden Glosse mit dem Titel „Evrazija“ notierte ich: „Unsere Neue Rechte und Rußlands Evrazija haben eine Menge Schnittpunkte. Auch die Anastasia-Bewegung wird im Raum Gleisdorf gewürdigt, fügt sich ins Mosaik. Sowas kann große politische Relevanz bekommen.“

All das sehe ich als wirksamen Teil des hybriden Krieges, wie er derzeit stattfindet. Das ist der Teil um den wir uns aktiv kümmern sollten, was im Bezirk Weiz immer noch weitgehend fehlt.

+) Eurasien