10. Jänner 2023

Übertragungsverlust

Manchmal steig ich ins Kraut, manchmal in Geröll oder ins Unterholz. Ich weiß inzwischen besser, wann ich die Kamera einstecken soll, um beide Hände frei zu haben. Wir haben – stammesgeschichtlich betrachtet – den aufrechten Gang so mühsam gelernt, daß unsere Spezies sich heute nicht mehr so gerne auf allen Vieren bewegt; außer es gibt dazu sehr gute Gründe. Oder eben Stürze...


Heute war ich auf Gittermasten aus. Dazu muß man an die Ränder der Stadt, denn sowas will niemand vorm Haus stehen haben. Die Gittermasten tragen Überlandleitungen, kleine Tafeln am Wegesrand weisen aber auch gelegentlich auf ein Erdkabel unter Hochspannung hin. Was da ankommt, kann ich im Haushalt nicht brauchen. Drum all diese Trafohäuseln.

Auf meinen Streifzügen entdecke ich immer wieder Kästen oder Hütten mit der Warnung „Hochspannung“ und „Lebensgefahr“. Das heißt, hinter den Wänden befindet sich ein Transformator. Es gibt Umstände, die einen Trafo durchbrennen lassen. Zum Beispiel wenn er nicht hinreichende Kühlung bekommt. Wer da mit dem Wasserschlauch zur Sache geht, steht auf der Liste der bedrohten Arten ganz oben.


Der Trafo oder Umspanner besteht aus Spulen und einem Magnetkern. Bei der Primärspule wird Strom zugeführt, bei der Sekundärspule wieder abgeleitet. Wozu das Brimborium rund um Magnetfelder und Induktion? Ich hab mir auf meiner heutigen Runden einige Gittermasten im Süden von Gleisdorf, im Stadtteil Urscha, näher angesehen.

Diese Freileitung bringt Strom mit 110 kV (Kilovolt) an. Stellenweise werden dann über Erdkabel 20 kV verschickt. Ich muß sowas zu Fuß rechnen: ein Kilovolt sind 1.000  Volt. Also kommen per Überlandleitung 110tausend Volt daher. (Mit V wird die elektrische Spannung angegeben.) In meinem Haushalt habe ich über die Steckdosen aber bloß 230 Volt nutzbar, also ein Bruchteil davon. (Gut, E-Herd, Boiler und Waschmaschine bekommen über separate Steckdosen etwas mehr Saft.)

Da bestehen also unterschiedliche Spannungsebenen, die einer Spannungstransformation bedürfen. Und das leisten die Umwandler, die Transformatoren. Übrigens nicht bloß vor Ihrem Haus, auf der Straße oder in Umspannwerken. CD-Player, Ladegeräte, Laptops und allerhand andere Geräte haben in die Kabel kleinere oder größere Dingens (Netzteile) integriert. Das sind ebenfalls Transformatoren, durch die ein Gerät dann den Haushaltsstrom passend umgewandelt bekommt.

Sie haben bestimmt schon bemerkt, wie warm diese Dingens nach einiger Betriebszeit werden. Beim Umwandeln der Stromstärke in eine andere entsteht im Trafo Wärme, die abgeleitet werden muß, weil er sonst – wie eingangs erwähnt – durchbrennen könnte. (Energie geht ja nie verloren, sie wechselt bloß ihre Zustände.)

Ein „idealer“, nämlich verlustfreier Trafo ist für uns technisch nicht machbar, darum haben wir „reale Trafos“ mit Leistungsverlusten. Die können in ihren handlichen Varianten die entstehende Wärme über ihre Gehäuseoberfläche abgeben, wie uns zum Beispiel ein erhitztes Netzteil spüren läßt. Große Trafos brauchen Kühlsysteme, etwa mit Öl gefüllt.

Und weshalb kommt der Strom über die Leitungen auf den Gittermasten in Urscha mit 110kV daher, macht also allerhand Transformatoren nötig? (Mit denen kann übrigens nicht nur runter- sondern auch rauftransformiert werden.) Je höher die elektrische Spannung, desto geringer die Übertragungsverluste beim Transport.

+) Wasserstand

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