11. November 2022

Gummistiefel


Wasser, Holz, Salz, Erze... Wir haben unsere Organe zu Werkzeugen gemacht und uns in die Welt hineingefräst. Nun müssen oft Südseehäuptlinge oder alte Indianer herhalten, auf daß wir ihnen Zivilisationskritik in den Mund legen, denn „Der schöne Wilde“ (ein abgehalfterter Topos unserer Kultur) ist bei Spießbürgern als Bote willkommen, um zu erleben: „Die schlechte Nachricht ist, sie wollen die gute Nachricht nicht hören!“

Diese Arten rührseliger Reaktionen auf komplexe Problemlagen finde ich sehr ermüdend. Derlei Mangel an intellektueller Selbstachtung beschert mir heute zum Beispiel Figürchen einer neuen Bourgeoisie, die haben ihre Haare schön und gute Klamotten an, erregen sich, wo man bei eigenen Annehmlichkeiten Einbußen empfindet, und... Und was? Okay! Soll sein.



Fotograf Richard Mayr (links) und Architekt Winfried Lechner

Ich aber nehme an, es ist nützlich, wenn ich erst einmal Klarheit über die Prozesse der letzten 200 Jahre finde, diese Prozesse entschlüsseln kann, um darin auch die eigene Rolle zu identifizieren, und so in die öffentlichen Diskurse reingehe, um Teilhabe an der vorherrschenden Definitionsmacht zu erreichen. Das klingt Ihnen zu abstrakt? Es IST abstrakt. Denn es entspringt all das der menschlichen Fähigkeit zum symbolischen Denken. Das ist ein Fundament der Abstraktion. Und die konkreten Fragen?

Wir sind zwischendurch mit Flüssen befaßt. Ich arbeite derzeit an drei Projektlinien, bei denen das eine Rolle spielt. So habe ich inzwischen begriffen, daß man ein Koordinatensystem über die Oststeiermark legen kann, um räumlich und zeitlich wesentliche Bezugspunkte und Querverbindungen zu markieren, durch welche erkennbar wird, was die erwähnten 200 Jahre ausmacht.



Eisenbahnbrücke über die Raab

Also hocke ich unter anderem an einem kleinen Grundsatzpapier zum Thema, bezogen auf unsere Projekte. Daher sprachen wir gestern über Gummistiefel, denn wir werden in wenigen Tagen bei der Lafnitz einige spezielle Stellen aufsuchen. Fotograf Richard Mayr ist umfassend gerüstet, besitzt sogar Wathosen, die einen bis zu den Hüften trocken halten. Wozu? Wenn Mayr hinter Eisvögeln und anderem eher raren Federvieh her ist, geht es oft ins Sumpfige oder direkt ins Wasser.

Architekt Winfried Lechner hat andere berufliche Zugänge, die manchmal auf sumpfige oder nasse Terrains führen. Lechner ist gewissermaßen unser „Boss Borckenstein“, die maßgebliche Schlüsselperson im Zugang zur vormaligen Textilfabrik in Neudau. Daran arbeite ich derzeit unter „Der milde Leviathan“.



Der elektrische Franzl

Die Wasserkraft spielt eine fundamentale Rolle bei der Stromerzeugung. Dazu habe ich mit Künstlerin Monika Lafer aktuell „Die Natur Mensch. Eine Annäherung.“ in Arbeit. Die Raab ist dabei wie ein nasses Rückgrat angelegt, das in die Kleine Donau (Mosoni Duna) mündet. (Ein ungarischer Seitenarm der Donau.) Dann wäre da noch Gleisdorfs Partnerstadt Nagykanizsa...

+) Die Natur Mensch. Eine Annäherung.
+) Der milde Leviathan
+) Nagykanizsa


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