6. November 2022

Amechania

„Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, / Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung, / Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat, / Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet, / Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft. / Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte, / Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben: Toren!“


So beginnt die Odyssee. Der König von Ithaka war smarter als seine Crew. Odysseus gilt in Europas Mythologie als der Listenreiche. Zehn Jahre Krieg (Troja) und eine Heimreise, die zur Irrfahrt wurde, welche weiter zehn Jahre dauerte. Unter allerhand Gefahren, in denen andere ihre Leben ließe, reagierte Odysseus mit Einfallsreichtum und gelegentlich mit technischen Lösungen.



Acht-Zylinder Stand-Diesel der Klöckner-Humbodt-Deutz AG mit einem Generator von Siemens Schuckert.

Vielen unter uns fehlen solche Kompetenzen oder sind nur schwach ausgebildet: List, technisches Verständnis, Geschick; wir würden das heute eine spezielle Problemlösungskompetenz nennen. Wer also davon eher frei ist, fällt in die Kategorie „amechania“. So heißt die griechische Göttin der Hilflosen. Amechania (Unvermögen), eine Kollegin von Penia (Armut), hat ein schwieriges Klientel.

Der Begriff „Mechania“ erklärt sich daher für uns heute wie von selbst als dessen schillerndes Gegenteil. Menschensohn Odysseus, der exemplarischer Schicksalsmechaniker, hat in Prometheus („Der Vorausdenkende“) einen bedeutenden Vorläufer, den wir heute als Begründer der Technik bedeuten. Der ist freilich höherrangig, dem Geschlecht der Titanen zugehörig, also eine Gottheit gewesen.



Fahrraddynamo: So klein und schon ein Generator.

Egal, am Himmel wie auf Erden wurde für allerhand Probleme um technische Lösungen gerungen. Mechanik, Hydraulik, Pneumatik, selbst Feinmechanik war verfügbar, wie wir dank eines speziellen Fundes wissen. Der „Mechanismus von Antikythera“, im Jahr 1900 aus einem Schiffswrack geborgen, war ein komplexer Apparat, mit dem sich astronomische Vorgänge berechnen und darstellen lassen. Eine industrielle Revolution wäre damals also im Prinzip möglich gewesen.

Der Hilflosigkeit, der Ohnmacht, steht jederzeit die Ermächtigung gegenüber. Die haben wir Menschen realisiert, indem wir – um es mit Peter Weibel zu sagen – aus unseren Organen Werkzeuge gemacht haben. Vieles davon erweist sich im Rückblick als Variation des Rades. Allerhand Hebel kommen vor. Wenn wir zum Beispiel Zahnräder und Übersetzungen (Getriebe) betrachten, haben wir es eigentlich mit Kränzen von Hebeln zu tun. (Archimedes von Syrakus wußte Bescheid.)



Ferdinand Porsches „Mixte“ von 1901: der Verbrennungsmotor treibt einen Generator, von dem der Strom für die Radnabenmotoren kommt.

Hätten die Menschen im alten Griechenland weniger Sklaven gehabt und dafür mehr gute Gründe, um technische Arbeitserleichterungen zu ersinnen, wäre ihnen womöglich auch das Erschließen von Elektrizität gelungen. Ich hab in der gestrigen Notiz zum Thema angemerkt, daß man mit Magneten und Drahtspulen die Basis hat. Wellen und Zahnräder waren schon bekannt, Hebel ebenso. Der Anfang des Weges hätte sich markieren lassen.

Ein Läufer/Rotor mit Magnet, zwischen Drahtspulen angeordnet, läßt sich zur Kraftquelle ausbauen. Die Zufuhr mechanischer Energie führt zur Stromerzeugung. Die Zufuhr von Strom macht daraus eine Maschine, die mechanische Kraft abgeben kann. Generator oder Motor. Sie alle kennen das, hatten damit garantiert schon zu tun.

Es gibt sehr kleine Generatoren, wie etwa einen Fahrraddynamo. Er wird durch ein rollendes Rad angetrieben. Es gibt sehr große Generatoren, die einen entsprechend dimensionierten Antrieb brauchen; wie etwa der hausgroßen Diesel-Motor, den ich im Generatorgebäude des Radiosenders im steirischen Dobl in Betrieb gesehen hab.

+) Die Natur Mensch (Eine Annäherung)


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