27. Oktober 2022

Staatsfeiertag

Ich erinnere mich noch an den „Tag der Fahne“ (25. Oktober), weil das in der Volksschule mit dem Basteln von Fahnen einherging. Der war mit 1964 Geschichte und ab 1965 wird der 26. Oktober als österreichische Nationalfeiertag gepflegt. Er bezieht sich auf das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr.  211/1955 über die Neutralität Österreichs.

Es hätte mir gefallen, wenn mir die lokale wie bundesweite Politik zu diesem Datum diverse Blümchen- und Wandertagsfotos ebenso erspart hätte wie salbungsvolle Grußformeln. Solchen Schmarren kann ich mir selbst ausdenken, bedarf daher nicht dieser schlampigen Grußbotschaften.


Es hätte mir gefallen, wenn sich relevante Kräfte der verschiedenen Fraktionen an uns gewandt hätten, um halbwegs glaubhaft auszudrücken, daß man sich vor allem einmal den Problemen der Korruption in den Reihen politischer Organisationen stellen wird. Und an zweiter Stelle hätte mir das Kernthema des Nationalfeiertags zugesagt: die Neutralität Österreichs.

Wir waren nun seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sicherheitspolitisch stets ein Protektorat der USA. Angesichts der russischen Aggression gegen den Staat Ukraine höre ich oft, daß sich „Kriegstreiber“ schimpfen lassen muß, wer über adäquate Bewaffnung spricht, die nötig wäre, um eine Großarmee zu stoppen.

Das Österreich der Zweiten Republik war genau dazu ohnehin nie in der Lage, nämlich eine Großarmee zu stoppen. Falls uns nun die sicherheitspolitische Abhängigkeit von der Nato stört, wie hätten wir es dann gerne? Was bräuchte es und wer wird es bezahlen? Wir? Wen schert's! Die Demokratie ist uns ohnehin geschenkt und gesichert. Oder doch nicht?

Wir haben das in Gleisdorf nun im Detail kennenlernen dürfen. Über viele Monate manifestierte sich Woche für Woche eine Unruhe an jeweils zwei Tagen; Freitag und Sonntag. Wer sich das genauer ansah, konnte feststellen, daß sich in den Strom der empörten Leute auch Antisemiten, Hitler-Nostalgiker, Neofaschisten, Identitäre und Putin-Fans einbrachten, während zuletzt unübersehbar war, daß Kräfte der FPÖ an einigen Strippen der Protestmärsche zogen.

Dieses Konglomerat prägte also die öffentlichen Diskurse und deren Personal vernetzte sich im Hintergrund. In Gleisdorf ergab das freilich bis heute kein Grund, daß aus dem Rathaus klare Nachrichten kämen, die sich der Tatsache stellen, daß hier im Rahmen legitimer Proteste über viele Monate auch öffentlich die Fundamente der Republik angefochten wurden und ganz ungeschminkt staatsfeindliche Propaganda publiziert wurde.

Der Tenor einiger Rückmeldungen aus dem Rathaus, nachdem ich in einem offenen Brief um Auskunft gebeten hatte: Dafür ist die Behörde zuständig und werde sich der Strafverfolgung widmen. Okay! Das Wasser ist naß und der Papst ist katholisch.

Aber wäre da auch noch irgendeine Art politischer Verantwortung zu zeigen, die sich etwa am Staatsfeiertag in deutlichen Worten herausstellen könnte? (Wie schon erwähnt, die Fundamente der Republik werden permanent angegriffen.)

Um es mit Kipling zu sagen: „Not with this wind blowing, and this tide.“ Okay! Zur Kenntnis genommen. Thanx for nothing! Und die Blümchen könnt Ihr behalten!

+) Der Brief


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