20. September 2022
Instant Karma
Ich habe nie um ein leichtes Leben gebeten. Das wäre mir
schon als Kind töricht erschienen. Wann immer ich zur Welt
auf Distanz gehen wollte oder mußte, mich in Bücher
zurückzog, war dort von einem Ringen um Möglichkeiten zu
erfahren, aber nie von einem leichten Leben.
Als
junger Kerl hatte ich eine Zeit, da erschien mir
ausschließlich das erstrebenswert: Den Blues haben! Danach
habe ich mich verzehrt, den habe ich gespielt, damit war ich
sogar auf Tour. Sie werden kaum überrascht sein, wenn ich
heute sage: Man sollte mit dem Wünschen sehr vorsichtig
sein. Es könnte etwas davon in Erfüllung gehen.
Here we are! Ich werde mich nicht beschweren. Es ist ja
alles an seinem Platz. Ich erlebe manchmal, daß Menschen den
Begriff Karma für das Schicksalhafte verwenden. Das ist ein
Mißverständnis, vielleicht auch eine Schlamperei. Da wäre
eigentlich von Kismet zu sprechen.
Die Idee von einem
vorgegebenen, also gottgegebenen Schicksal wird in der
islamischen Kultur Kismet genannt. Das ist mir völlig fremd.
Karma kommt dagegen aus der indischen Kultur und gehört zu
buddhistischen Denkweisen. Das ist für mich in vollendeter
Eleganz so zusammengefaßt: Alles hat Konsequenzen.
Nichts ist egal.
Fällt Ihnen der wesentliche
Unterschied auf? Dem Schicksal kann man sich bloß ergeben.
Den Konsequenzen muß man sich selbst stellen und man trägt
Verantwortung für jeden Schritt, den man setzt. Das sind
eben völlig verschiedene Arten in der Welt zu sein.
So finde ich auch moralische Urteile völlig uninteressant.
Sie bieten mir keinerlei Erkenntnisgewinn, sondern sind eher
etwas wie ein Dienstausweis. Das Urteil drückt
Definitionshoheit aus. Etwas quasi Amtliches.
Derlei
wird tun, wer sich dazu berufen, wahlweise befugt fühlt. Ich
aber bin kein Untersuchungsorgan, kein Staatsanwalt, kein
Richter. All diese Dinge gehören nicht zu meinen Aufgaben.
Oder wie es in einem Song von Sting heißt: „That’s not a
shape of my heart“.
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