Exegeten und Prediger, von denen bisher noch nicht einmal
der kleinste Hinweis kam, wie man wenigstens einen Rüpel aus
unserem Alltag zur Verhaltensänderung bewegt, von einem
schwer bewaffneten Räuberhauptmann, hinter dem eine ebenso
bewaffnete Gang steht, ganz zu schweigen.
Die größten
Schwätzer nennen uns grade Bertha von Suttner. (Gähn!)
Diesen Namen wollten sie vermutlich schon Ratko Mladic ins
Ohr flüstern, aber es hat sich halt nicht ergeben. Ich bin
da eher für Menschenmaß und konkrete Handlungsoptionen.
Zuallererst: Ich kann und will mich nicht um alle
bedeutenden Themen kümmern, die mich dank aktueller
Medientechnologie Tag für Tag erreichen.
Da wäre ich
emotional bloß noch im Elend und müßte mich vermutlich
spätestens nach einem halben Jahr von einer Brücke
schmeißen. Schließlich: Die Übel der Welt einfach nur zu
nennen und dazu via Social Media permanent Links zu
Berichten aufzuhängen wie nasse Wäsche an einer endlosen
Leine, das ist kein politisches oder soziales Verhalten, das
ist eine eitle Ersatzhandlung, eine Art inverser
Voyeurismus.
Ich mach das so: Es gibt Themen, die mir liegen und Themen
die mich berühren. Dafür brauche ich meine Zeit, um mich
sachkundig zu machen, um mir so ein Thema halbwegs zu
erschließen. Währenddessen erprobe ich verschiedene
Varianten, um damit nach draußen zu gehen; einerseits via
Medien, andererseits in realer soziale Begegnung.
Nun
hab ich zwar zu allem eine Meinung, kann mich aber nur um
relativ wenige Themen fundiert kümmern. Alles andere
durchzudeklinieren halte ich für Boulevard, für
Bassena-Geschwätz. Außerdem muß mir genug Platz zur
persönlichen Alltagsbewältigung bleiben, aber auch für
Menschen, die mir nahestehen. Da bin ich dann schnell
ausgelastet und es bleibt mir nur begrenzter Raum für die
großen Themen dieser Welt. Ich geb Ihnen ein Beispiel, was
etwa Platz haben muß.
Gestern kamen Fotos, die mir mein Sohn Gabriel unter dem
Titel „Aktuelles Projekt“ schickte. Zuerst fiel mir dabei
ein beeindruckender Holzhammer auf, von dem ich dann gleich
noch eine Großaufnahme bekam. Dieses Monster sieht aus, als
wäre es vom Set einer Comic-Verfilmung geklaut worden. (Es
hat sogar einen launigen Namen, doch das sind
Familieninterna.)
Ich kann Ihnen dazu ein kleines
Beispiel geben, unter welchen Bedingungen ein Vater sehr
vergnügt ist. Gabriel schrieb mir zum gesamten Set: „Wenn‘s
schiefgeht, eben aufstemmen und neu betonieren. Wenn’s
klappt, bin ich glücklich.“ Sie mögen es für banal halten,
doch das ist Ausdruck eines ziemlich smarten Zugangs zum
Leben.
+)
Der milde Levithan
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