Auch hier gibt es laufend einerseits offene Luken, unter
denen sich verschiedene Tiefen auftun, andrerseits
Verankerungen und Gewindestangen, allerhand Fundamentreste,
über die man stürzen kann. Gelegentlich tut sich eine
Schacht auf.
Marcus Kaiser ähnelt mir darin, wie ein
ruheloser Welpe die Wege zu kreuzen, Winkel aufzusuchen,
Motive zu fotografieren, die ich ebenfalls ins Auge gefaßt
habe. Auf dieser Ebene der Erkundung von Räumen ticken wir
also in vergleichbarer Weise. (Wir werden später darüber
reden, wie es wäre, wenn ihn diese Anlage verschlingen
würde.) Aber wie sich zeigt, haben das Sehen und die Räume
in ihm viel radikalere Verbindungen als ich sie kenne.
Abertausende Quadratmeter verbauter Flächen. „Beim
Feuerwehrturm ist unser oberes Ende.“ sagt der
Haushofmeister und ich weiß inzwischen, weshalb er eine
leuchtstarke Taschenlampe mitgenommen hat. Hinter der Halle,
in der wir gerade stehen, tun sich weiter 800 Meter auf,
eine unglaubliche Kubatur, Halle an Halle.
Architekt
Winfried Lechner hat es für uns arrangiert, daß wir Zugang
bekommen und eine sichernde Begleitung haben. Dieser ganze
Komplex: Ein müder und milder Leviathan, der hier unter dem
harten Licht der Augustsonne kauert. Diese Hitze kam nicht
einmal annähernd in alle Winkel seiner Eingeweide.
Marcus Kaiser
Querverbindungen. Kaiser hatte in Düsseldorf studiert, ist
ein Schüler von Klaus Rinke, kennt daher Selman Trtovac. Der
lebt in Belgrad. Wir haben schon einiges miteinander
realisiert. Es ist nicht zu glauben, daß ich hier - am Ende
der Steiermark - mit einem Künstler in diesem mechanischen
Höhlensystem herumsteige und mit ihm über Selman rede.
Joachim Eckl ist über ein anders gelagertes
Wahrnehmungssystem in dieses ganze Erlebnis eingefädelt. Es
sind dann einzelne Sätze und deren Sinn, von ihm, von mir,
die sich ineinander verheddern, wodurch ich sehe, worin wir
uns einig sind.
Es ergibt sich eine besondere Magie, wenn in ersten
Begegnungen völlig mühelos Resonanz und womöglich
Übereinstimmung vorkommen, wenn sogar Interferenzen, die ein
anregendes Bild ergeben, möglich scheinen.
Kein
Zufall, daß ich hier auch in Kategorien der Musik spreche,
über Resonanzen und Inferenzen. Bei Eckl scheint es, daß er
all diese verschiedenen Codes aufnimmt, deutet, etliche
davon auch selber nutzt, um sich zu äußern. Wie erwähnt,
unser Rahmen: ein müder und milder Leviathan, der auf uns
gehockt ist, während wir einander erkundet haben.
+)
Der milde Levithan
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