5. August 2022

Family Business

Wie stiegen mit Jameson Black Barrel ein. Okay, der Bub blieb bei Eistee, aber Michaela und ich wollten was, das man anzünden könnte. Sie meinte für die zweite Garnitur, da möge was mit sanfterem Abgang aufgetragen werden. „Also ein Wattebausch zum Saufen?“ fragte ich? Das sind bloß Scherzchen und das Pub im Grazer Zentrum war unsere Intrada an einem der heißesten Tage des Sommers.

Davor waren wir in der Tiefgarage so herumflaniert, daß wir zwar die Sonne wiedersahen, ich aber das Auto nie mehr gefunden hätte. Das kam vermutlich, weil wir bis zu dem Punkt nicht entschieden hatten, wer von uns sagt, wo es langgeht. Wir blieben in diesem Modus. War unterhaltsam.


Dabei nahmen wir das Leben durch, ließen alle möglichen Facetten klappern und waren uns in manchen Punkten einig. Zum Beispiel, daß Kinder unsere Schutzbefohlenen seien, denen wir Rückhalt schulden. (Gabriel ist mein Sohn, konnte dem Gedanken also leicht zustimmen.)

Ich lauschte, ob da irgend ein leises Knarren oder Quietschen ins Gespräch kam. Wie weiß man denn, was man als Vater für unerheblich hielt, der Gschrapp es aber als Heimsuchung empfand? Väter und Söhne. Zwei Welten, die sich verzahnen. Zwei Perspektiven, die sich weder decken können, noch decken sollen.

Michaela meinte, wenn Kinder eine grundlegende Zustimmung erfahren, dann würden sie einem so gut wie alles verzeihen. „Alles?“ fragte ich. „Alles!“ bekräftigte sie. Ich sah meinen Sohn an, sagte zu ihm leise aber bestimmt: "Verdammt, dann hab ich bei dir noch ein Guthaben und kann dir was reinwürgen!"

Er revanchierte sich bei einem anderen Teilthema. Daß man den Kindern was zutraut. Klar? Klar! Rückhalt. Vertrauen. Das schien uns irgendwie unverzichtbar. Da haben wir Konsens. Michaela: „Aber wenn er ein kleiner Nazi wird?“ Gabe grinsend: „Dann ist er unser kleiner Nazi.“


Sie ahnen, wie kauzig wir es haben, wenn es uns ein paar Stunden durch die Stadt treibt. Es gibt freilich auch Momente, in denen wir ernst sind, weil ernste Dinge allemal durchschlagen, wenn der Tag lang ist. Zum Beispiel, daß inzwischen mehr Zeit hinter mir als vor mir liegt. (Subject: „Du rennst eh bloß noch herum, weil du die Begräbniskosten sparen willst!“) Wie ich mir diesen letzten Abschnitt eigentlich denke? Oder daß Michaela sondierte, welche Art Opa ich wäre.

So alt kann man nicht werden, da gibt’s immer noch was, das man zum ersten Mal angeht. Und sei es das Finale. Fragte Michaela: „Wie stellst du dir das denn jetzt vor, wenn du sehr alt bist?“ Ich sagte grinsend: „Beretta Neunmillimetta.“ Sie konterte: „Red net so einen Blödsinn!“ Okay. Dann eben wieder ernst…


Zum Foto, das sie von Gabe und mir gemacht hat, sagte sie: „Schau, ihr seid genau gleich groß. Auf den Zentimeter.“ Ich dachte: „Verdammt, der muß doch schon größere sein.“ (Werd ich ihm aber nicht sagen. Kommt mir wohl nur so vor.) Demnach ist er aus meinem Schatten herausgetreten.

Das ist gut so, denn Väter sterben mitunter daran, falls sowas nicht gelingt: Aus dem Schatten des Alten herauszutreten. Europas Mythen sind da unmißverständlich. Genau! Oidipus. Prometheus hat dem Übervater Zeus auch ziemlich nachhaltig die Plomben gelockert. (Nur die Pfeife Daedalus kam so davon.) Wir sind inzwischen bei über 30 Grad Außentemperatur angelangt. Ich geh mir jetzt einen Keller suchen…

+) Relationen (Familienkram)


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