19. Juli 2022

Repolitisierung

Die Architektin Petra Kickenweitz erörtert mit Graphic Novelist Chris Scheuer Aspekte dessen, wie verfügbarer Raum genutzt wird, auch wenn er nur zwei Dimensionen hat. Fotograf Richard Mayr geht mit mir jene Fotos durch, die er von „The Floating Piers“ am Iseosee gemacht hat. Ein Projekt von Christo. Ich möchte das nämlich hier einreihen: Welt, Wildnis, Kunst (Eine Erzählung in einzelnen Werken und Episoden)


Die letzten Tage waren für mich von Gesprächen über Kunst und Kultur geprägt. Nicht im Sinn von Distinktionsspielchen, bei denen man sich wechselseitig den aktuellen Bildungsstandard vorhüpft. Das wäre ein zivilisiertes Pendant zu den Kommentkämpfen, mit denen man Rang regelt, ohne daß es Verletzte und Tote gibt.

Der Kulturbetrieb wird selbstverständlich dazu genutzt. Kein Einwand! Es ist eine simple Funktion repräsentativer Kulturkonzepte, an denen man noch ihre Wurzeln aus der ständischen Gesellschaft erkennen kann. Wenn ich moderat gelaunt bin nehme ich einfach zur Kenntnis, daß Menschen Rituale brauchen, wo es darum geht, ein so oder so gelagertes „Wir“ zu konstituieren, folglich auch zu leben, zu erleben.



(Foto: Richard Mayr)

Wenn mich die letzten Jahrzehnte in diesen Zusammenhängen etwas gelehrt haben, dann das: ausnahmslos jeder Mensch hat spirituelle und kulturelle Bedürfnisse. Im günstigsten Fall wird man akzeptieren, wie jemand das lebt, auch wenn es gelegentlich eine Form ist, die einem selbst mißfällt.

In den vorindustriellen Lebenswelten der subalternen Leute war das sehr viel strenger reglementiert. Die jeweils nächst höherrangigen sozialen Formationen, wir sagen so nebenbei gerne: Eliten, waren die Role Models für Aufstiegswillige. Das Kulturgeschehen in einem Gemeinwesen ist bis heute die naheliegende Bühne, auf der solche Kräftespiele inszeniert werden, die Inhalte und deren Wertigkeiten verhandelt werden.

Das wirft bloß dann ernsthafte Probleme auf, wenn die Kulturpolitik solche Zusammenhänge nicht moderieren kann, sich dabei die Verwaltung einer Kommune in den Vordergrund drängt, um dabei Kunst und Kultur zu Mägden des Marketings zu machen.

In den Trends von a) permanenter Beschleunigung und b) wachsender Durchökonomisierung ist sowas nicht überraschend. Also müssen wir reden. Das belegen hier zwei Fotos, Schuß und Gegenschuß, wie es beim Filmemachen heißt, ohne dabei die Sünde des Achsenspungs zu begehen; was bedeutet, man würde die Beziehungsachse der handelnden Personen übergehen.



(Foto: Karl Bauer)

Die zwei Shot/reverse shot-Fotos, zeigen Petra Kickenweitz und mich im Gespräch mit dem Lokalpolitiker Karl Bauer und dem Landespolitiker Franz Majcen. Das ungeschriebene Prinzip solcher Gespräche: Inhalte, Inhalte, Inhalte, anstatt einander als Ressourcen zu betrachten. (Das ist ein Aspekt dessen, was ich mit „Repolitisierung der Kulturpolitik“ meine.)

+) Christo: The Floating Piers
+) Welt, Wildnis, Kunst (Eine Erzählung in einzelnen Werken und Episoden)


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