Was wir in der Mitte des 20. Jahrhunderts überprüft und
geklärt hatten, konnten wir Ende des 20. Jahrhundert noch
einmal herausfinden. Wäre das serbische Regime nicht
militärisch geschlagen worden, wer hätte Keraterm, Omarska,
Trnopolje dichtgemacht? Wer hätte Srebrenica verhindert oder
die Toten im Raum von Prijedor geschützt, als sie noch
lebten?
Wenn der Faschismus in Waffen steht, seine
Streitkräfte über Menschen herfallen, müssen diese Kräfte
abgeschreckt, also vertrieben, oder entwaffnet werden. Wir
sehen derzeit am Regime Putins, daß dessen Soldaten
realisieren, was wir vom Untergang Jugoslawiens kennen.
Die Angehörigen eines souveränen Staates werden mit
Schrecken übergossen. Das Ermorden von Zivilpersonen, das
Vergewaltigen von Frauen und minderjährigen Mädchen als
Terrormaßnahme, der Ansatz zu ethnischen Säuberungen, die
umfassende Zerstörung von Infrastruktur; all das garniert
mit dem Einsatz auch geächteter Waffen wie Streumunition.
In
Omarska wurde systematisch getötet
Wer mir heute die Völkerrechtsverletzungen und Verbrechen
der Regime Amerikas referiert, kommt damit bei mir zum
falschen Zeitpunkt an und drückt sich vor ein paar einfachen
Klarheiten. Unsere Dilemmata. Wir haben es leicht, den
Leuten der Ukraine zu empfehlen, daß sie aufgeben und sich
Rußland ergeben mögen. (Haben wir das seinerzeit den Leuten
in Bosnien oder den albanischen Leuten des Kosovo gegenüber
Serbien auch empfohlen?)
Menschen meiner Generation
mußten bloß mit den Traumata ihrer Eltern und Großeltern
zurechtkommen. Das hat mich in einigen Punkten bis heute
nicht losgelassen, hat Spuren in mich gegraben, die nach
über sechzig Jahren noch leuchten und schmerzen. Wir also
wollen den von Schandtaten und Gewalt gezeichneten Menschen
der Ukraine jetzt zurufen: „Ergebt euch!“?
Das ist
obszön. Wir haben keine relevanten Ratschläge für diese
Leute. Wir haben derzeit noch nicht einmal valide Ratschläge
für uns selbst.
Ich hab eingangs erwähnt: so der
Faschismus in Waffen steht, muß er militärisch geschlagen
werden. Und er könnte gar nicht erst bewaffnet sein, wäre er
schon vorab ideologisch geschlagen worden. Wie weit wir
damit sind, wir Friedenskinder Österreichs, zeigt mir die
Gleisdorfer Unruhe.
Da haben in der Oststeiermark die
Kinder, Enkel und Urenkel der Nazi-Horden eine merkwürdige
Allianz mit Kindern, Enkeln und Urenkeln der Roten Armee
geschlossen, feiern Österreichs Republik als Diktatur. Siehe
dazu meine Glossen unter „Diskurs:
Demokratie“!
Im
Raum Projedor wurde systematisch getötet
Was sich inzwischen als benennbare Gegenposition formiert
hat, ist nach Monaten noch immer nicht gerüstet, öffentlich
auf das zu antworten, was sich derzeit in Gleisdorf als
präfaschistische Kraft etabliert hat. Woran ich Maß nehme,
wenn wir von Faschismus reden? Ich unterscheide gerne
zwischen dem historischen Faschismus (mit seinen primären
Kräften im Holocaust) gegenüber dem Neofaschismus, dem ich
wenigstens eine österreichische Partei zurechne.
Die
aktuellen Kriterien habe ich von Umberto Eco bezogen, dessen
Theorie vom zeitlosen Urfaschismus ich überzeugend finde;
siehe dazu: „Gleisdorf:
Betrachtungen #10“. Zur Einschätzung von Putins Position
nütze ich Kommentare von Leuten wie Timofey Sergeytsev via
RIA Novosti, einer der größten staatlichen
Nachrichtenagenturen Rußlands und schon der früheren
Sowjetunion. (Die Texte lasse ich mir von Software aus dem
Russischen übersetzen.)
+)
Mai acht
+)
Asien und der Rest
Postskriptum
Ich zitiere Sergeytsev: „Die gerechte Bestrafung dieses
Teils der Bevölkerung ist nur möglich, wenn er die
unvermeidlichen Härten eines gerechten Krieges gegen das
NS-System erträgt, der so sorgfältig und umsichtig wie
möglich gegenüber Zivilisten geführt wird. Die weitere
Entnazifizierung dieser Masse der Bevölkerung besteht in der
Umerziehung, die durch ideologische Unterdrückung
nationalsozialistischer Einstellungen und strenge Zensur
erreicht wird: nicht nur auf politischem Gebiet, sondern
zwangsläufig auch auf kulturellem und pädagogischem Gebiet.
Durch Kultur und Bildung wurde eine tiefe
Massennazifizierung der Bevölkerung vorbereitet und
durchgeführt, abgesichert durch das Versprechen von
Dividenden aus dem Sieg über das NS-Regime…“ [Quelle]
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