18. März 2022
Die Couch als Feldherrenhügel
Was? Wirklich?
Jetzt? Na, das nenn ich Tempo und Esprit! Jetzt also
referieren mir ein paar Militärexperten und Politikberater
aus meinem nächsten Umfeld die Rolle der Nato im Untergang
Jugoslawiens… Inklusive des kriminellen Bombardements der
chinesischen Botschaft in Serbien.
Als ich zuletzt im
„Dunavski Pirat“ eine Riblja Corba gelöffelt hab, befand ich
mich folglich auf der Pancevo-Seite der Donau, wo im Krieg
ein Chemie-Komplex bombardiert worden war; blöd für die
Zivilbevölkerung, weil so gesundheitsschädlich wie die
verschossene Uran-Munition etc. etc. etc. Das war jetzt
alles bei meinen Leuten wenigstens ein Jahrzehnt kein Thema.
Vielleicht waren einige meiner Mitmenschen vorigen Sommer im
Grazer Schubertkino, um sich „Quo vadis, Aida“ von Jasmila
Zbanic anzusehen. Genau! Srebrenica und die Blauhelme.
(Zbanic hatte uns 2006 schon mit „Grbavica“ beunruhigt.)
Vielleicht hat der Überfall auf die Ukraine uns daran
erinnert, daß Amerika keine Skrupel zeigt, das Völkerrecht
zu brechen. Aber was hat das nun mit Putins Verbrechen zu
tun?
Immerhin könnten wir Wohlstandskinder, die wir
grade erst von der Couch runterkommen, zumindest eine Ahnung
haben, was der Begriff „Ethnische Säuberung“ meint. Genau
das lese ich nämlich aus einigen Nachrichten über die Pläne
von Putin heraus.
Die Annexion der Ukraine, die
Einbindung des Territoriums ins russische Staatsgebiet, das
politische Entmündigen und das kulturelle Umerziehen der
Leute, weil die ja eigentlich eh alles nur schlecht getaufte
Russen seien. (Wie schon erwähnt, frag nach, wie die Uiguren
in China sowas finden. Tibetische Leute können uns dazu
sicher auch was erzählen. Also: Tashi deleg!)
Zu all
dem paßt, was man mir jüngst über die Kiewer Rus, die
Waräger und die „Wiege des Russentums“ erzählt hat. Sowas
wäre als kulturell gewichtete Geschichtsbetrachtung okay.
Ganz ohne Rückübertragung und ohne daraus nationale
Ansprüche abzuleiten, denn die Kiewer Rus wurde im 13.
Jahrhundert von den Mongolen geschnupft.
Aber so –
rein kulturgeschichtlich - war es ja nicht gemeint. Als
politisches Argument gehört dieses Herumstochern im Loch der
Geschichte in die Abteilung Nationalkitsch. Kenne ich schon.
Klingt so wie das Kosovo und Serbien, die Kosovka Devojka,
diese nationalistischen Diskurse.
Also wir, diverse 1950er Jahrgänge, in einem wohlhabenden
Land aufgewachsen, das nach 1945 ein sicherheitspolitsches
Protektorat der USA war und daher nicht unter dem Eisernen
Vorhang nach Osten durchgezogen werden konnte, wir richten
den ukrainischen Leuten aus, daß sie sich ergeben sollen,
damit ihnen nicht noch mehr Mitmenschen durch
Kriegsverbrechen ex gehen.
Genau! Die ethnischen
Säuberungen und andere Nachteile sind dafür sicher kein zu
hoher Preis; sagen wir, die vom Frieden verwöhnten
Ex-Teenager. Um es mit Sting zu singen: „…I don’t subscribe
to this point of view!“
Ich habe den Eindruck, die
ukrainischen Leute könnten es durchaus schaffen, eine
Großarmee zu stoppen. Nachschub kappen und schwere Waffen
(Panzer & Artillerie) lahmlegen. Den Luftraum zu sperren ist
schwieriger, doch man kann den russischen Piloten das
Angreifen erschweren. (Uns das wäre "Kriegsteiberei"?) Aber, hier, wir wollen von unseren
Couches herunter beurteilen, welcher Blutzoll dafür
angemessen und welcher zu hoch wäre? Lustig!
+)
Asien
Postskriptum Ob ich für
Aufrüstung und Krieg bin? Auf keinen Fall! Ich wurde als
Soldat der Republik unter anderem im Bekämpfen von Panzern
ausgebildet. Das ist im Training in Friedenszeiten schon
ziemlich
furchterregend, sowas kann man niemandem wünschen; vom Rest
der Bedrohungen ganz zu schweigen.
Wofür ich bin? Daß
wir Laien den ukrainischen Leuten aus der Wohlstands-Oase
heraus keine Ratschläge zurufen, sondern uns dafür
engagieren, den sozialen Frieden im eigenen Land zu stärken,
uns in etwas Verzicht zu üben, um so beizutragen, daß Europa
aus diese Krise einen passablen Ausweg findet.
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