13. Dezember 2021

Faschistoid oder wie?

[Vorlauf] Ich mag etwas erst „faschistisch“ nennen, wenn es einen hohen Anteil an den Eco’schen Merkmalen zeigt, zuzüglich eines nennenswerten Organisationsniveaus, einer gut erkennbaren Institutionalisierung. Man muß nicht gleich die Ultima Ratio anwenden.

Wer sich bei den Kriterien unsicher fühlt, hat ja mindestens ein ziemlich verläßliches Gefühl, welches Verhalten abwertend und abschätzig ist, was grob bis gewalttätig ist. Hohn, Häme, Beleidigungen, das sind Kategorien, die brauche ich niemandem zu erklären.

Und selbst was ich schon als „rechtskonservativ“ identifizieren kann, wenn es sich mit einigen der vorher genannten Zumutungen verknüpft, ist mit „menschenverachtend“ auf jeden Fall treffend benannt. Dazu muß ich nicht gleich den komplexen Begriff Faschismus um mich werfen, vergeuden.


Den brauchen wir noch, wenn wir problematischere Gemengelagen in menschlicher Gemeinschaft beschreiben wollen. Dafür sollte er nicht bis zur Beliebigkeit abgenutzt sein. Andrerseits frage ich manchmal jemandem in meinem nahen Umfeld, wodurch sich jetzt ein aktuelles Verhalten von jenem der Gefolgschaft des Herbert Kickl unterscheidet. (Ah ja, menschenverachtend, das sind ja die Anderen.)

Ich finde, „menschenverachtend“ ist ein sehr belastbarer und wirksamer Begriff. Und wenn es doch brisanter werden muß? Manche Verhaltensweise und Situationen bezeichne ich entweder als präfaschistisch oder protofaschistisch. Haarspalterei?

Was ist damit gemeint und weshalb die Unterscheidung? Sie werden vielleicht herausfinden, daß man sich später in einem sehr komplexen System ein wenig besser zurechtfindet, wenn man in der Annäherung bei einigen Dingen vorher genau war.

+) Präfaschistisch nenne ich Phänomene, die Richtung Faschismus weisen, dorthin führen dürften, falls sich das alles so weiterentwickelt. Sozusagen der Vorgarten faschistischer Verhältnisse. Vorbedingungen, zu denen das menschliche Wesen offenbar in manchen Zusammenhängen neigt.


+) Protofaschistisch nenne ich Phänomene, die nun schon einen Faschisten oder faschistische Kreise ausmachen würden, falls einige mehr Merkmale zusammenkämen und das Organisationsphänomen etwas höher wäre. Aber da sind die einzelnen Leute schon auf den faschistischen Zug aufgesprungen.

Was ich für faschistisch halten würde, müßte dann schon organisatorisch erkennbar gut aufgestellt, mit einer Institution versehen und mit einem deutlichen ideologischen Fundament ausgestattet sein, das vorzugsweise bereits nach außen kommuniziert wird.

Ich nehme an, da sind wir noch nicht. Aber die Neue Rechte hat seit den 1980er Jahren konsequent daran gearbeitet, die Wege dahin zu ebnen und ihre Proponenten in möglichst allen gesellschaftlichen Institutionen etabliert zu haben. Das mit den Proponenten ist übrigens schon weit gediehen. Und ich denke neuerdings, daß wir schon Neofaschisten unter uns haben, die konsequente Arbeit leisten.

+) Heimat (Übersicht)


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