8. Dezember 2021

Relationen und Referenzen

Grafiker Heinz Payer hat aus mir einen klobigen Transformer gemacht. Amüsante Fantasie. Es ist die nächste Ausbaustufe des Laderoboters von Ripley (Sigourney Weaver) in einem der Alien-Filme. Ursprünglich so ein riesiges Exoskelett mit supernen gelb-schwarzen Warnstreifen, orangen Blinklichtern und diesen schönen Geräuschen arbeitender Servos, stampfender Hydraulik. Jetzt eigentlich ein kompletter MechWarrior. (Payers Karikatur zielt auf meine Glossenserie „Gleisdorf: Betrachtungen“, die man über den unten angehängten Link findet.)

Als unverbesserlicher Pop-Trottel denke ich natürlich sofort an Ozzy Osbourne, wie er seine schnarrende Stimme erhebt: „I am Iron Man!“ Dann folgt ein völlig unverwechselbares Gitarren-Riff aus jenen Tagen, als man manche Songs schon an ihren ersten Takten erkennen konnte, und ab geht die Post. (Suchen Sie das im Web: Black Sabbath mit „Iron Man“.)

Wer dann noch was draufpacken möchte, zieht sich „Tetsuo“ (1986) von Shin'ya Tsukamoto rein. Für diesen Film ist man allerdings besser gut ausgeruht und in stabiler nervlicher Verfassung.

Hinterher vielleicht noch „Paranoid“ von Black Sabbath; oder wer sich den Rest geben will: „Fat Girl“ von Kevin Coyne. Das alles zur Einstimmung, worum es mir hier grade geht. Drohkulissen und Gewaltszenarien.

Ich hab mich in den letzten Wochen sehr daran gestoßen, daß unter meinem Fenster Leute vorbeizogen, die „Friede, Freiheit, keine Diktatur!“ riefen. Ich finde es sehr provokant, wenn hier in Österreich Wohlstands-Kinder einen auf Radical Chic machen und solche Meldungen raushauen.

Sollte an unserer Demokratie etwas auszusetzen sein, und da findet man naturgemäß allerhand, dann unter anderem deshalb, weil ich von diesen Leuten in den letzten 30, 40 Jahren so gut wie niemanden gesehen hab, wenn es in Gleisdorf drum ging, einen ebenso konsequenten wie öffentlichen politischen Diskurs zu führen, in dem diese Dinge sachkundig erörtert worden wären.



Grafik: Heinz Payer
[Große Ansicht]


Slogans raushauen und in der Stadt Sticker aufkleben ist kein politischer Diskurs! Wenn da unserer Demokratie also was fehlt, dann haben etliche der Leute, die sich grade zu romantischen Posen aufraffen, offenbar erst gestern entdeckt, daß eine Republik ganz wesentlich von einer politisch anwesenden und aktiven Zivilgesellschaft abhängt. Überraschung! Das sind wir, wir alle. Keine Diktatur? Heute flog mir diese Headline um die Ohren: „Myanmar: Junta verbrannte 11 Menschen bei lebendigem Leib“ [puls24]

Ich notierte dazu auf Facebook: „so, dann hätten wir einen weiteren aktuellen referenzpunkt, wovon DIKTATUR handelt, gegen die in gleisdorf sich manche leute hervortun, wenn auch nicht gerade gegen die in myanmar, belarus etc., also wovon dieser BEGRIFF eigentlich handelt.“

Das kommentierte Archäologin Sarah Wolfmayr mit den Worten: „Dieses aktuelle Auflehnen gegen vermeintliche Unterdrückung ist wirklich ein Armutszeugnis für die intellektuelle Leistung unserer Wohlstandsgesellschaft. Die Vorstellung davon, was Not, was Entbehrung und Verzweiflung und Unterdrückung überhaupt ist, ist offensichtlich in den letzten Jahrzehnten komplett verloren gegangen.“ Ich bin da ganz ihrer Meinung…

+) Kontext Covid-19


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