6. Dezember 2021
Staatsbürgerkunde für Deppen
Karma is a
Bitch, wie der Volksmund sagt. Sebastian Kurz erklärt
und begründet seinen Rücktritt aus der Politik im selben
kleinen Zeitfensterchen wie Angela Merkel. So ein Pech
wünsche ich nicht einmal Herrn Kurz, denn dieser direkte
Vergleich, der sich dabei aufdrängt, ist erdrückend.
Klaus Herrmann, Chefredakteur der „Kronen Zeitung“, sagte in
der „Runde der ChefredakteurInnen“ (ORF) am 3.12.2021,
Sebastian Kurz sei als Tiger in die Politik gegangen und
habe als Bettvorleger geendet.
Ich hab im Kurier „Die gesamte Abschiedsrede von Sebastian
Kurz“ nachgelesen und erspare mir wie Ihnen dazu jeglichen
Kommentar; einen Aspekt ausgenommen. Ist da von Erfolgen die
Rede, heißt es vor allem „ich“, kommen ein paar Defizite zur
Sprache, heißt es „man“. Alles klar? [Die
Quelle] Hier finden Sie Angela Merkels Abschiedsrede im
Wortlaut: [t-online]
Man beachte den Unterschied in beider Amtszeit und
Redeumfang!
Ich komme aus dem Staunen nicht heraus.
Der vormalige Innenminister Karl Nehammer wäre, wie es
scheint, gerne Kanzler geworden, als Kurz demissionierte,
wurde es aber nicht. Stattdessen übernahm der vormalige
Außenminister Alexander Schallenberg den Kanzlerposten,
blieb es aber nur wenige Wochen, um nun an Karl Nehammer zu
übergeben und wieder Außenminister zu werden. Eine
verblüffende Personalpolitik.
Erzählen Sie mir, was Sie wollen, mit Sachkompetenz und
Eignung fürs Ressort kann das nichts zu tun haben. Womit
dann? Na, einmal dürfen Sie raten! Ich denke ferner, die
„alte ÖVP“ ist wieder da. Welches ethische Niveau nun zur
Disposition steht, kann ich mir aufgrund etlicher Interviews
gut zusammenreimen. Ich greife eines heraus. Es hat laut ORF
am Donnerstag, dem 2.12.2021, stattgefunden.
Da
erhalte ich Staatsbürgerkunde für Deppen. Andreas Khol (ÖVP)
legt uns eine Idee vor, worum es in der Politik gehen mag.
Er sagte in der ZIB (ORF) bezüglich Sebastian Kurz: „Ich
glaube, daß er nicht gescheitert ist. Er wurde abgeschossen
[...] Das heißt, seine Gegner haben ihn zu Fall gebracht."
(Wer ist das?) „Na, die Opposition natürlich, und das
ist ja die Aufgabe der Opposition.“ […] „Das Ziel
war ganz klar: Kurz muß weg. Und die Opposition hat dieses
Ziel erreicht.“
Dann kommt ein besonderer Trick.
Khol beklagt einen Verfall der Unschuldsvermutung und
reduziert den Fall Kurz auf die Frage von Straffälligkeit,
die vor Gericht zu einer Verurteilung führen könnte. Durch
diese larmoyante Klage verdeckt er die wichtigen Fragen nach
Ethos und Professionalität, welche vorerst einmal nicht in
juristischen Kategorien zu erörtern sind.
Khols Behauptung, aus der Unschuldsvermutung sei eine
„Schuldvermutung“ geworden, ist bloß ein Winkelzug und
nebenbei ein Hieb auf die Fünfte Gewalt im Staat. (Warum
sagt er nicht gleich „Lügenpresse“?) Das steht in einer
auffallenden Tradition der Regierungen Kurz I und Kurz II:
eine kritischen Presse stört. (Eine wohlwollende Presse wird
mit Inseratengeldern verwöhnt.)
Khol macht es dann
noch explizit, erwähnt „Zeitungen und Medien“, denen er
unethische Praxis unterstellt. Darunter sind ja – wie oben
erwähnt - etliche Betriebe, denen die Regierungen Kurz I und
Kurz II in unserer Republik völlig einmalige Geldbeträge für
Inserate zukommen ließen, um… Ja was denn? Na, Medienleute
zu gängeln. (Von der Message Control rede ich noch gar
nicht.)
Bei Minute 4:33 hab ich das Interview
abgeschaltet, weil dieses weinerliche Schönreden der
Situation keinerlei Erkenntnisgewinn bietet. Der Nutznießer
einer versierten Seilschaft salbadert pro domo dahin,
vergeudet meine Zeit und Aufmerksamkeit. Was Andreas Khol da
bietet, ist nicht staatsmännisch. Das hat den Charme eines
Kiesplatzbetreibers bei Verhökern von räudigen
Gebrauchtwagen. (Es wäre interessant gewesen, an Khols
Stelle Erhard Busek zu hören!) Die Quelle: [ZIB,
ORF]
+)
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