4. Dezember 2021
Ethos und Professionalität
Ich bin erstaunt,
welche Lobreden dem radikalen Aufsteiger Sebastian Kurz
hinterhergeworfen werden. Ich bin erstaunt, wer sich sofort
mit Karl Nehammer assoziiert, als uns der vorgeführt wurde:
plötzlich Bundeskanzler.
Ich bin deshalb erstaunt,
weil ich keinen Ton des Bedauerns vernommen habe, welche
Unruhe diese Leute und ihre Entourage ins Land gebracht
haben, wie sie auch während der Seuchenzeit einerseits sich
selbst kaum zur Raison bringen mochten, andrerseits ein
hohes Maß an Stümperei zeigten. Das belegt allein schon der
aktuelle Lockdown in der vierten Welle.
Man konnte in verschiedenen Gesprächsrunden hören, wie sich
ÖVP-Leute die Sache schönreden. Maria Rauch-Kallat zeigte
sich noch elegant genug, ein paar Fehlleistungen der
Regierungszeit Kurz I und Kurz II bloß etwas kleinzureden
und Leistungen aufzubauschen.
Andras Khol führte vor,
wie man Partikularinteressen vertritt. Fasse ich seine
aktuellen Äußerungen zusammen, besagt das zirka: wir hätten
immer noch eine vorzügliche Regierung, wäre nicht die
Opposition mit ihrem schäbigen „Kurz muß weg!“ erfolgreich
gewesen.
All das wird mir nun auch in der
Oststeiermark regionalpolitisch stellenweise geschönt. Bin
ich hier der Dorfdepp? Egal! Manche ÖVP-Leute schweigen
wenigstens beschämt, aber einige zeigen mir, daß sie im
Zusammenhang mit gutem Regieren weder von Ethos, noch von
Professionalität eine ernstzunehmende Vorstellung haben.
Fragen nach Ethos und Professionalität als reine PR-Maßnahme
zu nutzen offenbart mir einen Kanaillen-Status, aus dem
heraus jemand seine Gemeinwesenorientierung vortäuscht, um
Partikularinteressen zu verfolgen. So verramscht man die
Zukunftsfähigkeit einer Bevölkerung. Das ist etwas, mit dem
man nach meiner Überzeugung einem Terrorakt
besorgniserregend nahe kommt.
„Es war mir eine
große Ehre, der Republik Österreich zehn Jahre dienen zu
dürfen.“ [Die
Welt] Ein Mann von Ehre, der zu dienen versteht? Okay!
Dann weiß ich jetzt, wie die ÖVP in solchen Fragen
kalibriert ist. Und ich weiß, was ich von Leuten zu halten
habe, die mir so eine Botschaft andienen.
Kurz
verkündete zu seinem Rücktritt: „Ich bin weder ein
Heiliger noch ein Verbrecher“ [Die
Presse] Völlig d’accord, denn zu beidem fehlen ihm
Format und Mumm. Wer mir diesen talentierten Schnösel als
politisches Supertalent empfiehlt, sagt damit sehr viel über
die eigene Vorstellung vom Verhältnis zwischen Eigennutz und
Gemeinwohl.
Anfang 2021 hatte ich so für mich begonnen, einige aktuelle
Malversationen auf einer Liste festzuhalten. Durch diese
private Notiz fiel mir zu meiner Verblüffung auf, welch hohe
Dichte an Fehlleistungen während der Regierung Kurz zustande
kam. Dieses Erstaunen habe ich in einer kleinen „Chronique
Scandaleuse“ umgesetzt und kann heute noch nicht recht
glauben, was da alles an Stümpereien wie an fragwürdigen
Aktivitäten stattgefunden hat.
+)
Chronique Scandaleuse
Anfang Juni 2021 gab ich
(nach rund 15 Blättern) diese Listenarbeit auf, weil sie mir
durch neue Fehlleistungen exponierter Leute a) zu viel Hackn
wurde und b) sehr schlechte Laune gemacht hat. Wer mir nun
diese Ära als eine politische Glanzzeit Österreichs
darstellen möchte, hat entweder verdeckte Intentionen oder
ist ein Agent der Blödheit.
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