24. Juli 2021

No Place for Self-Pity, No Room for Fear

Okay, nun wäre also geklärt: ich habe mindestens fünf Leser. Vier galten bisher als gesichert und – ja – auch Leserinnen unter meinem überschaubaren Publikum. Als nun Kommunikationsexperte Heimo Lechner auf ein Plauderstündchen vorbeikam, brachte er mir Fruchtgummis mit. Das bezog sich auf eine Facebook-Notiz vom 20. Juli: „...dann entdecke ich eine packung fruchtgummis, die ich vergessen hatte. das bringt meinen arbeitstag völlig durcheinander“.


Tags darauf, die Luft steht, die Hitze hüllt mich ein wie samtenes Verpackungsmaterial und ich sortiere Dinge wie Gedanken. Als morgens mein Sohn vorbeikam brachte mir einen gewaltigen Zucchini ein, die würden momentan wachsen wir blöd, und einen merkwürdigen Drink. „Du magst sowas wahrscheinlich.“ Allerdings! Wermut zur Wehmut.


Hatte ich mit Lerch meine heurige Schilcher-Saison eröffnet, so muß ich mich jetzt erst umsehen, womit ich den Wermut mischen möchte. Ich hab schon voriges Jahr dafür gesorgt, daß immer genug Eiswürfel vorrätig sind. (Kälte ist für meinen Gaumen ein wichtiges Detail.)

Heute wütet in mir noch eine kleine Komplexitätskrise, weil ich schon wieder zu viele Themen-Kanäle offen hab. Aber die Skizze für meine morgige Geschichte dazu liegt schon da und hätte ich noch keine Abenddämmerung über mir, würde ich nun einen Kübel Kaffee brauen.

So aber tendiere ich zu weiterem Schilcher und hab durch meinen Sohn außerdem noch ein Fläschchen Direkträger im Haus. Das bedeutet, ich kann je nach Laune zwischen sehr verschiedenen Geschmackswelten pendeln.

Was voriges Jahr meine Teledrink-Sessions während der Lockdowns waren, als wir Treffen in realer Begegnung eher mieden, verteilt sich jetzt mehr auf konkrete Geselligkeit in Stunden, die man miteinander teilt, verteilt sich auch auf die Zeiten davor, danach, die Eindrücken, die Gedanken…

Wir sehen uns alle nach nächsten Klarheiten um. Nach Corona wird nicht wie vor Corona sein. Ob ich mit meinem Sohne rede oder mit Leuten meines Alters, ob mit einigen dazwischen, ich mag es so, wie etliche sich nicht am boomenden Gezänk und Geplärre beteiligen, sondern sehr konzentriert die neuen Möglichkeiten erkunden. Wir werden manche Annehmlichkeiten aufgeben müssen, mindestens aber anders in den Lauf unserer Jahre einflechten.

Wieder bin ich bei Toni Morrison und ihrem „No Place for Self-Pity, No Room for Fear“. Das ist mein Club! So mag ich alles, was mir noch an Jahren bleibt, orientiert bleiben: „This is precisely the time when artists go to work — not when everything is fine, but in times of dread. That’s our job!” Denn so sehe ich es auch: „In times of dread, artists must never choose to remain silent.“ (Damit hat Morrison sicher kein Herumgehampel und Geplärre gemeint, sondern Konzentration.)


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