11. Juli 2021
Eine Frage der
Intentionen
An vielen Dingen, die ich derzeit kritisiere, wäre gar
nichts auszusetzen, wenn es ohne Etikettenschwindel
herginge, wenn die Dinge das sein dürften, was sie sind.
Klarheit in den Begriffen. Verzicht auf verdeckte
Intentionen. Dann wissen wir, worüber wir reden.
Wer
die Bilder und Begriffe eines anderen Metiers kapert, um
seine Geschäfte zu betreiben, erhöht die Spannungen und
Konfliktpotentiale in der Branche. In den letzten zehn
Jahren schien mir, daß der Kulturbereich aus sehr
unterschiedlichen Bereichen Zuwachs erhielt. Das macht
stellenweise den Eindruck, als hab Österreichs
Arbeitsmarktservice die Kultur als Depot-Zone entdeckt.
Ich hatte manchmal ganz erstaunliche Debatten mit Leuten,
die aus dem Sozialbereich in die Kulturecke kamen. Da meinte
manche Person, ihre sozialpädagogische Praxis, wahlweise
ihre Hilfsdienste in Hilfsprojekten, hätten ihr längst alle
nötigen Qualifikationen für den Kultursektor verschafft.
Genau so sieht es in manchen Ecken des Kulturbetriebs
dann auch aus. (Operette sich, wer kann!) Natürlich schneien
ebenso Leute herein, die erst in diesem und dann in jenem
Metier gescheitert sind, denn die Kultur, das können wir
doch alle. Kultur, damit haben wir von Geburt an zu tun.
Kultur, das schaffen wir! (In solchem Fahrwasser kann man
sogar den Feminismus als Kostüm überziehen und daraus
merkwürdigen Profit schlagen; falls man eine Frau ist.)
Verteilte Kompetenzen Ich saß
kürzlich wieder einmal mit alten Schraubern an einem Tisch.
Jahrzehnte Handwerkspraxis. Die wissen, daß jedes Gewerk
seine Zeit, seine Praxis, seine Kompetenzen braucht,
verlangt, unverzichtbar macht. Man setzt als Schrauber auf
ein leistungsfähiges Netzwerk.
Hier ein exzellenter Lackierer, da ein vorzüglicher
Elektriker, den guten Spengler braucht man früher oder
später, wenn die eigenen Fertigkeiten nicht hinreichen. Und
Motoren! Ein guter Maschineneinsteller kann einem nicht bloß
Tage, sondern Monate an Arbeit ersparen.
So geht es
dahin. Kompetenzvielfalt in Netzwerken. Kooperation und
Paktfähigkeit. Da redet übrigens keiner von „Solidarität“.
Es geht vor allem darum, daß man sein Handwerk beherrscht,
daß man kann, was man sagt, daß man andere nicht zur
Ressource herabwürdigt, sondern als Kolleginnen und Kollegen
würdigt. Das erzeugt Augenhöhe.
Leistungsaustausch Auf Augenhöhe findet dann
jener Leistungsaustausch statt, der die Balance in der
Gemeinschaft sichert. Angeber und Posierer werden dabei
nicht alt. Trittbrettfahrer und Abräumer werden dabei nicht
alt. Wer vom Gefälligkeitskonto nur abhebt, nichts einzahlt,
fliegt raus.
So ist das bei den Sammlern und
Schraubern, die ich kenne. Im Kulturbetrieb sehe ich das
derzeit nicht als dominantes Modell. Muß ich zur Kenntnis
nehmen? Ja. Sollte man wissen. Und die Modalitäten? Aus den
letzten Jahrzenten habe ich für Projekte zwei wesentliche
Prinzipien mitgenommen. 1) Es redet im Kern nur mit, wer
auch Verantwortung übernimmt. 2) Wenn es wer besser weiß,
machen wir es anders.
Sie ahnen gewiß, das ist alles
keine Raketenwissenschaft. Es läßt sich mühelos aus der
Praxis einiger Vorhaben ableiten. Eine Frage der
Intentionen!
+)
Für
eine nächste Kulturpolitik +)
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