3. Juli 2021
Eingewildert
Als ich heute bei noch mäßiger Tageshitze vom Einkauf
zurückkam und überdies frische Foto-Beute dabei hatte, traf
ich am Hauptplatz meinen Hausarzt. Er gesund, ich gesund,
das ist eigentlich optimal, aber ohne nennenswerten Effekt
für unser beider Jahreseinkommen. Werde ich mich beschweren?
Keinesfalls!
Außerdem mußte ich ihm meine aktuelle
Beute zeigen. (Wir sind ja beide Petrol Heads.) Er sagte
ansatzlos: „Der 488.“ Das finde ich ein wenig
einschüchternd, denn die zeitgemäßen Ferraris in den Details
zu überblicken, das erscheint mir etwas fordernd. Aber der
erfahrene Notarzt ist ja ein hervorragender Diagnostiker. So
wird’s gehen.
Was ist sonst noch los? Der Kulturbetrieb kommt in die Gänge
und ich muß mich erst wieder daran gewöhnen, daß mehr
Menschen als sonst anrufen, daß ich pro Woche mehrere
Termine außer Haus habe, daß es Deadlines gibt, die bedient
werden müssen, daß die Geldsorgen etwas abnehmen.
Es
gibt den kuriosen Begriff der Auswilderung: wenn Tiere aus
der Gefangenschaft in die freie Natur zurückkehren, also
auswildern. Ich dagegen bin offenbar eingewildert, nämlich
verschlossener und mißtrauischer geworden, dabei etwas
verwildert, auch in mancherlei Hinsicht vom erwartbaren
Benehmen gegenüber anderen Menschen ein wenig entwöhnt.
Eine kürzlich von mehreren Frauen organisierte Ausstellung
in Gleisdorfs Innenstadt hatte für mich den Effekt eines
Angelpunktes. Da kam wieder so ein Kulturbetriebsgefühl auf;
siehe dazu: „Hingeworfen“
(Die Stadt, die Kunst und die Seuche). Danach war ich mit
Musiker Oliver Mally unterwegs und wir schlugen im Bauernhof
von Carmen und Stefan auf; siehe dazu: „Sturm
im Rücken“. (An diesem Tag begann Emil Gruber zu
verlöschen und verließ uns kurz darauf; siehe: „Was
bleibt, wenn einer geht?“)
Wo ich geduckt durch die Sommerhitze tauche und all das
Spuren an mir läßt, ist das wie ein Rudern im Wildwasser:
schreiben, schreiben, schreiben. Dazwischen manche
Handgriffe, die mich recht sentimental machen, weil ich mich
erst wieder einarbeiten mußte, wie etwa Redaktionsarbeit und
Layout für das Booklet zum Finish des GISAlab-Projektes „Geteilte
(in)Kompetenzen“ im Graz Museum.
Kuratorin
Mirjana Peitler-Selakov hat einen unglaublichen Job
hingelegt, diese komplexe Geschichte durch das Pandemiejahr
2020 zu führen und nun, 2021, so präzise auf den Punkt zu
bringen, wofür die Gotische Halle des Museums ein
hinreißender Ort ist. (Ich liebe solche Momente, wo kurz
alles zu stimmen scheint.)
Und nachdem das absolviert
war, hat Malerin Monika Lafer die
dritte Episode in ihren Zeit.Raum-Slot gepackt, der
neben meinem einen lebhaften Kontrast bietet. So bin ich in
eine komplexe Erzählung verstrickt, die derzeit auch noch
andere Erzählstränge hat. Weil das alles sehr bewegend ist,
setze ich meist ein Grinsen auf, wenn ich derzeit gefragt
werde: „Wie geht es dir?“ „Kann gar nicht genug klagen!“
[Kalender]
[Reset]
|