30. Juni 2021

Staub

Eine meiner Facebook-Notizen bei den „Origami Ninjas“ lautete jüngst: „manno! das monster ohne zähne und klauen: hausstaub“ Das quittierte Heinz Payer mit einer launigen Grafik (Siehe Seitenende!) und den Worten: „Quia pulvis es et in pulverem reverteris“. Das historische Memento mori: „Bedenke, daß Du sterblich bist!“ Und dann die romantische Wendung: „…daß du Staub bist und zum Staube zurückkehren wirst"


Ich war an etlichen sehr staubigen Stellen, auch unter der Treppe, um vergessene Schachteln zu öffnen. Unter meinen Füßen schlummert eine rührende Sammlung kurioser Dinge aus vergangenen Jahrzehnten, die sich als Sedimente abgelagert haben.

Eine Short Story von Josef Haslinger. Post von Gerald Brettschuh. Bücher von Jack Unterweger. Frühe Theaterstücke von Thomas Glavinic. Auch weit älteres Zeugs, so etwa noch ein Stück „Overdream Folie“ von Peter Köck und irgendwas von Everest. (Genau! Ernstl Binder.)

Ich bleibe unschlüssig, wie damit zu verfahren ist. Mein Sohn wird ohnehin ein- bis zweitausend kleine Autos erben, zuzüglich einer Fachbibliothek zur Mobilitätsgeschichte. Das braucht eigentlich so gut wie niemand und ich kann ihm wenigstens einen Händler aus meiner Umgebung nennen, der sowas vertickt.

Derweil bin ich noch einigermaßen fasziniert, welche formen Hausstaub annehmen kann, wenn er genug Zeit hat. Außerdem hab ich an manchen Stellen eine Substanz gefunden, die ließ mich an Staub von einem anderen Planeten denken. Eine ganz dünne Schicht, die sich höchst merkwürdig anfühlt, wenn man barfuß darübergeht.

Es war mir in jüngerer Vergangenheit gelungen, ungefähr ein Drittel an Zeuges aus meiner Hütte zu schaffen. (Naja, vielleicht war es bloß ein Viertel.) Da muß noch mehr wegkommen. Ich bin mit der guten Gründe dafür nicht sicher. Mir fallen dazu die weit aufgerissenen Augen einer Frau ein, die höflich genug war, diesen Ort nicht gleich fluchtartig zu verlassen.

Aber sie stieß sich unüberhörbar an den Dingen, die mich umgeben. Dem steht ihre Aufgeräumtheit gegenüber, in der alles seinen Platz hat, wozu auch immer. Das hat freilich Tradition. Die Aufstiegswilligen mußten sich schon allerweil an den Codes höhergestellter Schichten orientieren.

So demonstriert ein situiertes Bürgertum Körperbeherrschung (keine unerwünschten Geräusche!), Dress Code (keine Flecken, keine Abgerissenheit!), allerhand Arten von Selbstdisziplin und eben die erwähnte Aufgeräumtheit, für die gewöhnlich bezahltes Personal sorgt.


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