17. Mai 2021
Mitmenschen oder
Ressourcen
Es ist eigentlich ein luxuriöses Geschehen, wenn ich meinen
Schlaf so unterschiedlich auf die Tageszeiten gelegt finde.
Manchmal schließe ich erst um 6:00 Uhr morgens die Augen,
gerne gegen 3:00 Uhr, denn wider allgemeine Empfehlungen
habe ich derzeit meinen besten Schlaf und die lebhaftesten
Träume vormittags.
Meine Arbeit läßt das zu, bloß die
Terminfindung mit anderen Menschen ist so etwas kniffliger.
Sind meine Vorräte erschöpft, finde ich in ausreichend
großen Zeitfenstern gut gefüllte Kaufhäuser vor. Da mich der
Lockdown ein weit strengeres Wirtschaften gelehrt hat, als
ich es die Jahre davor gewohnt war, reicht also auch das
Geld meist für die nötigen Dinge. Und manchmal für etwas
Unnötiges.
So fand ich nun endlich wieder einen handlichen Spiralblock
mit karierten Blättern, denn ich bin nicht bereit, mein
Smartphone für Notizen zu verwenden. Ich kann auf diese
Geste des Blockaufschlagens (und dann den Stift zu zücken)
nicht verzichten. Ich bin auf diese Art von Schreibakt
angewiesen.
Außerdem hatte ich große Freude daran,
einen kleinen, völlig verpixelten Hot Rod zu finden. Kein
Mensch braucht sowas. Aber ich. Die gestrippte Karre a la
1930er Jahre, aber dann eben pixelig umgesetzt wie aus einem
Computerspiel. Was für eine Variante!
Freilich wären
da auch noch sehr ernste Themen in meinem Kopf,
weltbewegend, wie etwa die jüngsten Konflikte zwischen
Israel und Hamas. Oder weniger weltbewegend: eine Bundes-ÖVP
im Alarmzustand und ein Kanzler, der mich schon wieder
anspricht, als wäre ich infantil und sollte einen Vormund
erhalten.
Immerhin habe ich – zwischen solche Themen
hingehängt wie nasse Wäsche – in mir eine Klarheit
auffrischen können: Mit der Berufung auf Gott darf man sich
nur selbst verwalten. Unter Menschen gilt ausschließlich,
was unter Menschen verhandelt und vereinbart wurde. Kommt
mir jemand mit Anweisungen und beruft sich dabei auf eine
„höhere Instanz“, muß ich das als illegitime
Privatmythologie zurückweisen.
Daher kann es in meiner Weltsicht auch keinen „Gottesstaat“
geben und die in Österreich angelegte Trennung von Kirche
und Staat ist nicht verhandelbar. Damit meine ich:
ausnahmslos jeder Machtanspruch, der auf Gott zurückgeführt
wird, muß prinzipiell abgelehnt werden.
Das alles
kann nur unter Menschen verhandelt werden, um Gültigkeit zu
erlangen, schließt aber einen individuellen Pakt mit welchem
Gott auch immer nicht aus, um damit eine persönliche
Orientierung zu schaffen. Sie merken schon, mich beschäftigt
in letzter Zeit verstärkt, was man über Intentionen und
Vereinbarungen von Menschen wissen kann.
Da ist
dieses Gift jeder Gemeinschaft: verdeckte Intentionen.
Darauf die naheliegende Frage: Haben Sie gute Absichten? Ich
brauche Klarheit über solche Zusammenhänge, weil ich anders
nur schwer feststellen kann, ob mich jemand als Gegenüber a)
achtsam behandeln mag oder mich b) bloß als Ressource
betrachtet.
Dieser Aspekt fesselt mich. Sind mir
andere Leute primär Mitmenschen oder Ressourcen? Wo ich das
nicht klären kann, sind Konflikte unausweichlich angelegt.
Fußnote: das Kulturvölkchen hat einen überraschend großen
Anteil ein Leuten, die andere wie Ressourcen behandeln,
obwohl das oder gerade weil das in hartem Kontrast zum
erklärten Selbstverständnis steht…
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