5. Mai 2021
Als Origami Ninja bin ich ein
soziokulturelles Phantasma. Andrerseits, wie soll denn das
mit dem Rollen gehen, die sich dann genau wie bitte zum
„wahren Ich“ verhalten? Ja eben! Da haben wir dann gleich
ein Veteranentreffen der Phantasmen, die einen
soziokulturellen Kameradschaftsbund gründen und anschließend
stellt sich das „wahre Ich“ einer Wahl zum
Präsidenten.
[GROSSE ANSICHT]
Muß ich mir das so vorstellen? Mumpitz! Was mit durch den
Kopf geht, das bin ich gerade, falls es ausreichende Tiefe
und Relevanz hat. Gemessen woran? Na, an meinem Wohlbefinden
oder besser gesagt: an meinem Sosein. Ich hatte kürzlich
zwei Anlässe, um darüber nachzudenken. Ein Zettel, zwei
Menschen
Einerseits das Formular zur Vorlage bei der
Covid-Impfung. Ich war recht beeindruckt, daß man bei der
Frage nach dem Geschlecht so eine stattliche Optionen-Leiste
mit sechs möglichen Positionen vorfindet. Nun ist meine
Geschlechteridentität durch die Jahrzehnte gründlich scharf
konturiert und festgelegt worden. Da taucht keine Frage auf,
die mich umtreiben würde.
Aber Faktum ist, daß
Wünschen und Empfinden bei all dem gleichermaßen
erschütternd sein können. Genau weil ich solche
Erschütterung selbst nicht kenne, stehe ich dem so berührt
gegenüber, denn es fasziniert mich jederzeit, wenn jemand
ganz anders als ich ist, also zu mir im Kontrast steht.
Wenn mir jemand sagen würde „Ich bin eine Trans-Frau“,
dann hätte ich nicht die geringste Vorstellung, was diese
Information jenseits einiger sachlicher Aspekte bedeutet:
wie sich das anfühlt, was das mit einem für den Alltag macht
etc.
Genau so sind mir aber auch alle übrigen
Menschen ein Rätsel, solange ich sie nicht näher
kennengelernt hab. Das heißt, ich weiß doch sowieso bei
niemandem, wie sich das anfühlt, was das mit einem für den
Alltag macht, wenn man sie ist. Klar? Klar!
Wir ordnen Gemeinschaft, indem wir sowas vereinfachen, darin
etwas Allgemeines suchen, das sich eignet, ein „Wir-Gefühl“
darauf zu bauen. Sehr viel aufschlußreicher sind diese
Konventionen eigentlich nicht. Wir sollten offenbar
jederzeit gerüstet sein, aneinander ratlos zu bleiben,
wahlweise uns gegenseitig zu befragen.
Der zweite
Anlaß, den ich erwähnt habe, um über innere Verfassungen
nachzudenken: ein Spaziergang mit Vater und Mutter Übü. Das
sind Kunstfiguren, die von Franz Blauensteiner und Rezka
Kanzian verkörpert werden. Zwei versierte Theaterleute, an
denen ich genau das auf unserem Weg so sehr mochte: ein
Vexierspiel. Die meiste Zeit hatte ich Rezka und Franz an
meiner Seite, aber das schlug gelegentlich auch in die Übüs
um, meistens fast unmerklich.
Was hätte es mir
genützt, in unserer Gemeinsamkeit auf Grenzziehungen zu
achten? Ich mag vor allem dieses spezielle Grundmotiv
menschlicher Gemeinschaft: wir erzählen einander die Welt.
Das ist überdies ein Fundament meiner Existenz als Künstler
und als Origami Ninja. Auch als Der Krusche etc., man kann
es fast beliebig fortsetzen. (Nein, eine multiple
Persönlichkeit ist etwas ganz anderes.)
Dimensionen
und Nuancen. Bei den beiden Theaterleuten zeiget sich das
während eines längeren Gespräches einerseits im gesamten
körperlichen Habitus, andererseits in Gesten der Hände oder
in der Mimik der Gesichter. Wie erstaunlich, wenn man zum
Erzählen der Welt seinen ganzen Körper einsetzen kann; was
immer er faßt, birgt, verdichtet, offenbart.
+)
Die Übüs
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