1. Mai 2021

Geimpft

Ich bin jetzt ein Moderna-Mann. Seit gestern. Die Impfreaktion kam tatsächlich wie der Kater nach einer Sauftour daher. Bloß ohne Kopfweh und Kotzen. Ein sehr moderater Kater. Um 11.00 Uhr wurde gestochen, gegen 14:00 Uhr hab ich mir die Wolldecke zum Kinn hochgezogen. Gegen 18:00 Uhr bin ich wieder aufgewacht.

Ein Spaziergang durch die Stadt wäre mir da zu anstrengend gewesen. Jemand hatte mir womöglich ein totes Tier in den Mund gelegt. Ich hielt mit einem Kübel Kaffee dagegen. Aber ich kenne sehr gut dieses Summen im Körper, wenn mein Fleisch mit Stress geflutet wurde. Da ich das schon auf vielfache Art erlebt hab, läßt mich sowas unbeeindruckt.


Ich hab den halben Freitag verschlafen und die anschließende Nacht ein teenagerhaftes Schlafpensum genossen. Da sind noch Muskelschmerzen, so flächendeckend wie ein Taucheranzug, aber auf niederem Niveau.

Wenn jetzt nichts Härteres nachkommt, war das Impfen ein Spaziergang. Das Bild rundet sich. Das ganze Gezänk da draußen schert mich einen Dreck. Mir war schon zu Beginn der Pandemie klar, daß nun Eigenverantwortung groß zu schreiben ist. Beruflich sah ich schnell: wir sind auf uns gestellt. Natürlich bringt das bittere Stunden mit sich.

Doch wir Origami Ninjas sind uns einig: diese Bitterkeit gehört nicht auf die Bühne; außer es wurde ein genialer Song daraus. Wir sind privat natürlich miteinander im Einvernehmen über Momente, die sich aussichtslos anfühlen. Und manchmal, wenn die Angst an mir frißt, halte ich ganz still, lausche, was es mit mir macht, während ich weiß, daß einige Menschen mir warmherzig zugetan sind.

Ich war aus den unfreundlichen Jahren 2015 bis 2019 ganz gut trainiert, mit erhöhten Ungelegenheiten zu leben. Das erwies sich dann als Vorteil. Jetzt ist diese Rafting-Tour durch unfreundliche Verhältnisse so weit gediehen, daß an einer eleganten Haltung gearbeitet werden kann.

Man wird vielleicht den Zusammenhang nicht gleich sehen können. Aber die Anregung dazu bekam ich einst aus einem Buch von Primo Levi. Ich kann nicht beschreiben, welche Erschütterung diese Lektüre bei mir auslöste. Es wurde zu einer wichtigen Lektion: „Ist das ein Mensch“.

Relationen. Mir nützt die Orientierung in der Zeit, in der Geschichte, um eine brauchbare Vorstellung zu entwickeln, welche Belastungen ich schaffen sollte, woran ich scheitern könnte, wann ich um Hilfe bitten sollte.

Mit welchen Mitteln darf ich an meinen Problemen arbeiten? Welche Ressourcen sind in meinem Netzwerk verfügbar, die wir gemeinsam nutzen können, um mehr Möglichkeiten zu öffnen? Welche Ideen kann ich im Austausch mit anderen Leuten aufbringen, um nächste Strategien zu entwickeln?

Das ist übrigens mit diesem Origami Ninja-Groove gemeint. Egal, wie oft uns das Leben zusammenfaltet, wir entfalten uns wieder. Das geschieht nicht, indem man sich einsam in das Rad der Geschichte wirft. Das geschieht nicht, indem man versucht, durch das Eliminieren von Widersprüchen „Wahrheit“ zu produzieren. Ich bleibe auf di Verständigung mit einem geistreiche Gegenüber angewiesen…

-- [Kontext Covid-19] --


[Kalender] [Reset]