1. März 2021
Nun. Montag.
Manchmal verstumme ich. Manchmal so sehr, daß ich nicht
mehr in Worten denke. Stille ist mir sehr wichtig geworden.
Darin etwas, als wäre es ein Lauschen, was aus all dem nun
werden will. Aber es ist eigentlich nur ein Innehalten.
Endlich keine Klarheit mehr. Kein Planen und Ahnen. Dieses
Hinüberdenken hinter den nächsten Horizont. Das ist eine so
erwachsene Pose, dieses in die Zukunft hinein klug sein
wollen, daß es mir gelegentlich bis zum Überdruß auf die
Nerven geht
Das macht freilich nichts, denn da ist
immer genug Spielraum, um irgendeine Instanz in sich
zusammenbrechen zu lassen. Ich hab heute mit einem Freund,
der einen schweren Weg vor sich hat, darüber gesprochen.
Dabei seine geäußerte Hoffnung: „Ich möchte nicht
zusammenbrechen.“ Und ich so, als hätte ich den schwarzen Gurt
in Lebensweisheit: „Rechne unbedingt damit, daß du zwischendurch
zusammenbrechen wirst.“
Aber ich weiß ganz genau, was
dabei ein besonders wichtiger Punkt ist. Wenn man davon ausgeht,
daß der Zusammenbruch zum Weg gehört, hat man gute Chancen, sich
den Platz dafür auszusuchen; auf daß man dann wenigstens bequem
sitzt.
Lachen Sie nicht! Das ist eine äußerst vorteilhafte Option,
falls man hart aufschlägt, nach dem Zusammenbrechen bequem zu
sitzen, bis man wieder atmen kann.
Ich bin so gerne unter
Menschen und empfinde doch derzeit eine so große Barriere
zwischen mir und der Welt. Da muß ich mich dann mühsam
aufraffen, um nach draußen zu kommen, spüre enorme Widerstände.
Es liegt nicht am Virus, da ich weiß, wie gering die
Wahrscheinlichkeit auf Kontakt ist, was sich durch angemessenes
Verhalten nahe Null drücken läßt. Nein, es ist die Welt selbst,
der ich mit einer Art… hm, ja, eigentlich: Schamgefühl begegne.
Wir haben es so weit getrieben. Das macht was mit mir.
Wenn ich nun Menschen begegne, blicke ich neugierig in ihre
Gesichter, ob man da was sehen kann. In etwa zwei Wochen rundet
sich ein Jahr nachdem der ersten Lockdown ausgerufen wurde. Das
ist alles wie eine in sich gefaltete Quest. Wir haben uns
verändert. Die Welt hat sich verändert. Das muß sich doch in den
Gesichtern zeigen. Oder?
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