27. Februar 2021
So ein Samstag. Wind.
Fragte mich der: „Mund oder Nase?“ Sagte ich:
„Nase. Das hatte ich bisher noch nicht.“ Er trat
hinter mich. Das war schnell erledigt. Kräftiger Niesreiz.
Er sagte mir voraus, daß ich eine Träne vergießen werde. So
kam es.
Vorhin noch diese kurzer Erörterung. „Was
ist denn das für eine Firma, die bei uns mit der Marke
‚Mumu‘ auf den Markt geht?“ Er wußte es nicht. Wieso
muß ich solche Fragen stellen? „Nitril-Handschuhe ‚mumu‘
puderfrei blau“. Okay. So ist mein Leben. Bis zu den Ohren
voll mit Fragen und Details, die man eigentlich nicht wissen
muß.
Das negative Testergebnis kam per SMS. Eine Geste gegenüber
Inge und Franz Wolfmayr, die mich zum Essen eingeladen
hatten. Das ging mit so einer On The Rocks-Sache los. Im
Glas ein Eisklumpen, der mich in jeder Zombie-Apokalypse zum
gefährlichen Gegner machen würde.
Wir hatten über das
Leben zu reden. Und über die Kunst. Also auch über den
Zustand der Welt. Wir sind auf höchst unterschiedliche Art
versiert, im Zustand der Welt zu navigieren. Ich wäre ohne
die paar geistreichen Menschen um mich derzeit völlig
verloren, denn 2020 hat klar gemacht, daß ich vorerst
nirgends mehr hingehöre. Alles in der Schwebe.
Später ein kurzes Wiedersehen mit Künstlerin
Maki Stolberg,
die einige Menschen mit sich hatte, da wird an einem Teppich für
Kara Tepe gewoben. Wie sehr ich das mag, diese eher ruhigen,
konzentrierten Kräfte, die zäh und beständig einen Schritt vor
den anderen setzen. Die Konzentration. Die Klarheit über eigene
Entscheidungen: Welchen Themen widme ich mich? Welche Aufgaben
leite ich daraus ab? Welche Verantwortung übernehme ich?
Oliver Mally hatte mir eben ein Buch von James Baldwin
geschickt: „Nach der Flut das Feuer“. Ha! So geht das mit dem
Quantum Trost. Dieser harte Lektion des Schwarzen, der einige
Dinge unerbittlich klarstellt. Ich bin heute einfach nicht mehr
bereit, seichte oder salbungsvolle Textchen an mich
heranzulassen. Entweder bezwingende Poesie oder ein Hammerschlag
zwischen die Augen.
Inge
Wolfmayr
Wenn es um die Welt geht, dann gläserne Sätze. So Sachen. Naja,
wen schert’s? Ah, und das neue
Mally-Album
steckte auch im Päckchen. Ich kannte das Material schon,
hatte von Mally vor Monaten WAV-Dateien erhalten. Virtuosen im
Gespann. Alles klar auf dem Punkt.
Jetzt diese schlanke
Kartonhülle. Oliver Mally Group: „Tryin’ To Get By“. Zieht man
die CD heraus, entdeckt man ein Zitat: “What’s the best
thing to do in the middle of a pandemic crisis? Yes, Write again
and record stuff!“
Maki
Stolberg
So kann man es sagen: Wir haben zu tun! Da draußen wirkt alles
noch recht moderat und vertraut. Aber wie die Pandemie mit uns
längst etwas gemacht hat, so sind auch in unserer Strukturen die
Veränderungen in Gang. Von jenen Menschen, mit denen ich mich
darüber verständigen kann, kommen anregende Gedanken.
Man muß keineswegs prophetisch begabt sein, um das kommen zu
sehen. Wenn wir wieder mehr Handlungsspielraum haben werden und
der Staub der gehaben Aufregungen sich legt, stehen wir
garantiert in einer grundlegend veränderten Situation unserer
Beziehungen und Aufgaben. Was für eine interessante Zeit!
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