3. Februar 2021

Die Nadel

Es ist ein interessanter Punkt erreicht, an dem ich dieses massive Gefühl habe, völlig auf mich gestellt zu sein, obwohl die ganze Welt von verkündeten Weisheiten und Wahrheiten nur so brummt. Ich finde es bemerkenswert, daß derzeit Menschen in ihrem Mitteilungsbedürfnis überquellen, mich via Social Media mit Links und Zitaten zumüllen.

Da exponieren sich seit dem Vorjahr Leute, von denen ich im öffentlichen Leben unseres Gemeinwesens während der letzten 20 Jahre keinen lauten Satz vernommen hab. Mir scheint, wie sie schon vorher nichts zu sagen wußten, was einer öffentlichen Debatte standhielte, geschieht das auch jetzt, bloß lauter.


Seit vorgestern sind mir einige Artigkeiten zugeflogen, weil ich auf Facebook notiert habe, daß ich mich impfen lasse. Ich gebe anderen Menschen keinen Rat, starte keinen Aufruf. Nur dieser Satz: „ich stehe in diesem lager“. Denn das ist unsere Situation.

Ich bin überzeugt, wir leben keine „gespaltene Gesellschaft“, wie gerne behauptet wird. Da sind seit jeher verschiedene Lager, deren Kontraste zueinander manchmal schwerer wiegen, manchmal milder ausfallen. Ich finde es wohltuend, das zu deklarieren. Aber wer daraus einen Bedarf nach Kampfmaßnahmen ableitet, erschüttert das Boot, in dem wir alle sitzen.

Eben weil ich auf mich gestellt bin, die Flut der Informationen, der Meinungen und Gegenmeinungen nicht rezipieren und nicht auswerten kann, entscheide ich so: Ich mache das. Ich traue der Branche zu, eine taugliche Impfung anzubieten.

Und schon möchten mich Leute belehren, die es (na, wodurch genau) besser wissen? Durch das Konsumieren von Youtube-Videos? Durch Kolportage? Durch Kritik, die von diesen oder jenen Personen mit treuherzigem Blick vorgetragen wird?


Wie sehr mich solche Klugscheißerei anödet, denn in meinem wie in vielen anderen Lagern sind wir letztlich auf Gefühl und Vertrauen angewiesen. Wir entscheiden entsprechend… irrational. Ich bedaure, mir war es nicht möglich, einem laufenden Fachdiskurs über die ankommenden Impfstoffe zu folgen und daraus verläßliche Schlüsse zu ziehen.

Wer mir unter all den medizinischen und pharmazeutischen Laien in meiner Umgebung was anderes erzählt, weckt mein Mißtrauen. Es boomt inbrünstig vorgetragenes Geschwätz, das mir einen Moment aus einem weltweiten Diskurs liefert, der sich einem Phänomen widmet, gegen das wir noch keine verläßliche Kur kennen.

Es dröhnt ein neues Dauergeschwafel von Leuten aus meiner Umgebung, denen jüngst noch nichts Substantielles zu den wenigstens letzten zweihundert Jahren permanenter technischer Revolution eingefallen ist, zu den politischen und kulturellen Umbrüchen dieser Ära.

Aber jetzt, jetzt haben sie Überblick, tieferes Wissen, Detailkenntnis, und sie sind in der Lage, mir aus heftigen wissenschaftlichen wie politischen Kontroversen der letzten Monate die Essenzen herauszufiltern, um mir brauchbare Verhaltensanweisungen vorzulegen? Und ich bin hier der Dorfdepp.

Diese Art von wichtigtuerischem Theater ist mir zuwider. Also lassen Sie es mich auf den Punkt bringen. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit der Branche, was Intensivstation und künstliche Beatmung einschließt, traue ich den Anbietern zu, taugliche Impfstoffe zu entwickeln. Ich habe mich für die Nadel entschieden. Es steht Ihnen frei, das anders zu sehen.

P.S.: Haben Sie Talent zum Orakel?
+) „Auch nach einem Jahr der Pandemie schafft es weder Österreichs Regierung noch die EU, den Bürgern verlässliche Daten zu liefern.“ [Quelle]
+) „Als ob die Verwirrung nicht schon groß genug wäre: EU-Gesundheitsagentur rät von der FFP2-Maskenpflicht ab.“ [Quelle]

P.P.S.:
Wer nun fluchen und verwünschen möchte, bitte in einem anderem Zimmer! Ich muß ja - auch bei solcher Informationslage - für mich Entscheidungen treffen, weil mir das niemand abnimmt. Dabei habe ich es lieber ruhig.


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