28. Dezember 2020

Männergehampel

Mir mißfällt ganz außerordentlich, was mir unsere Regierung zumutet. Das begann eigentlich schon mit dem letzten Wahlkampf. Zum Beispiel: die Dobermann-Manieren eines Karl Nehammer fand ich so abstoßend, daß ich mir nicht vorstellen wollte, dieser Mann käme für ein Ministeramt in Frage.


Spätestens als ich ihn zu den Schüssen von Wien stammeln hörte, während er vor allem Floskeln rausschob, war ich mir meiner Einschätzung sicher. Da hatte ich längst gestaunt, welche Böcke Finanzminister Gernot Blümel schießen konnte, ohne aus seinem Amt hinauskomplimentiert zu werden. Ich möchte den KMU-Boss sehen, der einer seiner Führungskräfte solche Schnitzer durchgehen ließe.

Dabei spüre ich heute noch den Unmut darüber, daß die ÖVP vor einer Weil das gesetzliche Limit für Wahlkampfkosten so frech um viele Millionen Euro überzogen hat, um eine Kampagne zu fahren, die eigentlich hätte mit einem Mandatsverlust geahndet werden müssen. Aber das geben unsere Gesetze nicht her.

Ich werte es als Wahlbetrug, der – wie wir sehen - in einer „Mediengesellschaft“ reichlich Früchte tragen kann. Dazu paßt aktuell, was der Kurier am 24.11.2020 mitteilte: „Regierung verdoppelt Inseratenbudget und plant Kampagne für Eigen-PR“ [Quelle]

Marco Pühringer ließ uns übrigens schon am 15. April 2020 via kontrast.at wissen, wie die Regierung den Boulevard fördert: „Die Krone bekommt rund 2,72 Millionen Euro, Heute 1,82 und Österreich rund 1,81 Millionen.“ [Quelle] Wer sich solche Entwicklungen im Detail ansehen möchte, findet auf der Website der Rundfunk und Telekom Regulierungs-Gmbh reichlich Informationen: [Link]


Armin Wolf twitterte am 25.12.2020: „Alles in allem hielten Kanzler, Vizekanzler und MinisterInnen zwischen 1. März und Weihnachten 210 Pressekonferenzen ab.“ Ich halte das in Summe nicht für einen Ausdruck von Good Governance. Wenn ich dazunehme, was diese Regierung im Corona-Jahr an unübersehbarer Stümperei in den Lauf der Dinge gebracht hat, verdüstert sich das Bild weiter.

Ich sehe aber keinen Nutzen, nun um mich zu brüllen oder gegen diese neue Bourgeoisie auf die Straße zu rennen und einen Topf zu schlagen oder eine Trillerpfeife zu quälen. Ich kenne von Österreich keine revolutionäre Tradition, die Hungerrevolten der alten agrarischen Welt ausgenommen. Ich sehe sinnvolle Optionen eher in konkreter politischer Arbeit, die Schritt für Schritt geschieht.

Politische Arbeit, das meint: sich im Gemeinwesen eine Aufgabe suchen, die über persönliche Partikularinteressen hinausreicht. Egal, was es ist. Egal, wie groß das Engagement wird. Jeder Schritt und jeder Beitrag zählt.

Was soll heute noch über die markanten Schwachstellen einer vorherrschenden Männerkultur hinweggeredet werden? Die sind evident, weitreichend und wirksam. Sie sind zerstörerisch. Es hat seine Beispiele in unser aller Alltag. Es hat seine global gesetzten Beispiele. Simon Tisdall titelte in The Guardian eben: „Trump fed our worst instincts. His global legacy is toxic and immoral“. [Quelle]

Es ist verlockend, tief einzuatmen, um im Ausatmen einen Schwall Empörung zu verströmen. Das nützt bloß nichts. Um es klar zu sagen: mir geht diese blöde, egomanische Männergehampel, von dem ganze Volkswirtschaften verwüstet werden, unsäglich auf den Geist. Diese Mischung aus Anmaßung und Herablassung ist unerträglich. Wenn sich aber was dran ändern soll, kann das eh nur unter meinen Fußsohlen beginnen.


-- [Die neue Bourgeoisie] --
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