1. Februar 2021
Im Umbruch
Höre ich mich in meiner privaten Umgebung um, ist es
deutlich. Die letzten zehn Monate haben sich mit ihren
Kräftespielen in uns eingegraben. Ich habe keinen Zweifel,
daß man es den meisten Gesichtern ansehen kann. Die
gemachten Erfahrungen sind lägst auch in ihrem physischen
Ausdruck präsent.
„Manchmal denke ich, dass wir
die Welt so, wie wir sie kennen, nicht mehr zurückkriegen
werden“, wurde Schauspieler Jan Josef Liefers eben im „Standard“
zitiert. Das finde ich sehr treffend und plausibel. Zugleich
ist all das tobende Gezänk, welches mich via Medien
erreicht, verwirrender denn je.
Alexander Van der Bellen, amtierender Bundespräsident
Ich mißtraue jenen, deren individuelle Entlastungsstrategie
dazu führt, daß sie andere übel beschimpfen und verwünschen.
Zugleich haben wir brüllende Evidenz von einer Kette der
Stümperei auf Regierungsebene. Es ist geradezu zynisch,
welche enormen PR-Budgets sich diese Regierung gönnt, um
jeden Einwand höchlichst zu ersticken. Das Gebrüll muß also
nicht verwundern.
Von mir konnte man stets hören, daß
ich Kanzler Kurz für einen Dressman, aber nicht für einen
Staatsmann halte. Minister Nehammer war für mich schon im
Wahlkampf erledigt, weil ich seine permanente Angriffslust
und Abschätzigkeit verachtet habe. Wer in einer Aufgabe
solche Dobermann-Attitüden zeigt, wird auch in anderen
Belangen kein netterer Mensch sein.
Dann hörte ich
ihn nach den Schüssen von Wien herumstammeln, ohne auch nur
eine kohärente Aussage jenseits von Floskeln zu schaffen,
und ich dachte: Wo ist er denn nun, der harte Kerl? Ihn, wie
auch Herbert Kickl und einige andere, will ich nicht in
politischen Ämtern sehen. Was sich da bisher an Inkompetenz
angehäuft und ausgewirkt hat, werden wir noch länger
bearbeiten müssen.
Maria-Margarethe Berger, Honorarprofessorin für Europarecht Uni
Wien, BM für Justiz aD, Richterin am EuGH aD…
Dennoch mißfällt mir die aktuelle Tirade von Robert Menasse.
Aber ich bin neugierig, ob Menasse-Sätze wie „Kurz: Sie,
Nehammer, sind ein Lügner! Und wissen Sie, was ewig in meiner
Erinnerung bleiben wird?“ zu erkennbaren Konsequenzen, womöglich
zu einer Klage führen werden.
Als Sebastian Kurz mit
seinem Team das erste Mal großem PR-Aufwand entfaltetet und sich
dabei eine gesetzwidrige Überschreitung von Wahlkampfkosten in
Millionenhöhe gönnte, dachte ich, was er als „Die neue
Volkspartei“ promotet, werden erheblichen Widerstand bei
Christlichsozialen der alten Schule auslösen. Das war eine
Fehleinschätzung. Was ich Wahlbetrug nenne, ging durch.
Dieser Weg bezog eine FPÖ ein, deren damaliger Herr Strache eine
groteske Persönlichkeit ist, deren Herbert Kickl noch heute an
den Rand des Kontrollverlustes kommt, wenn ihm in einer
Mediensituation jemand widerspricht. Kanzler Kurz überstand das
Scheitern dieser Regierung und schaffte einen zweiten Coup.
Doch nun klingt manches anders, wenn etwa Andrea Kdolsky
schreibt: „Eine Regierung die konzept- und hilflos durch eine
Pandemie taumelt nicht erkennend, dass ein Schiff ohne
Steuermann zu schlingern beginnt.“
Ihr Schlußsatz in
einem Facebook-Posting vom 28.1.21 lautet: „Als ehemalige
Familien- und Jugendministerin der alten ÖVP wende ich mich mit
Abscheu ab und versuche meinen unbändigen Zorn nicht gegen mein
Heimatland, sondern gegen jene zu wenden, die mutwillig und
machtbesessen die Grenzen längst überschritten haben.“
Dem 27. Jänner, der als Internationaler Holocaust-Gedenktag
gepflegt wird, folgte am 28. Jänner 2021 jener massive
Polizeieinsatz, um Kinder außer Landes zu schaffen. Das kann man
sich nicht ausdenken. Karma is a Bitch!
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