20. November 2020

wozu bücher?

ich brauche rat! wer kann mir einen hinweis geben, welche passage in der "COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung" regelt, daß BUCHHANDLUNGEN keine bücher abgeben dürfen? ich hab‘s nämlich noch nicht kapiert.

bei der ausgabe vom 1.11.2020 bleibe ich ratlos, aber die ist wohl schon zu alt für dieses thema, daß uns allerhand polemiken beschert: „waffenhandlung versus buchhandlung“ etc. ich lese: „§ 5. (1) Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:…“ [Quelle]

die angelegenheit wurde gewiß erst in der jüngeren verschärfung definiert. die 479. verordnung (ausgegeben am 15. november 2020), ist hier als PDF downloadbar.

ich nehme an, es muß sich in diesem kontext zeigen: “Kundenbereiche §5.(1) Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von 1. Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren…“

ich bin übrigens sehr verärgert, daß anno 2020 jemand auf die idee kommt, „12. Archive, Bibliotheken und Büchereien“ unter folgende Rubrik zu reihen: „Als Freizeiteinrichtungen gemäß Abs.1 Z3 gelten Betriebe und Einrichtungen, die der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung dienen, wie insbesondere…“

bezüglich der polemiken, unter „4) Abs.1 gilt nicht für…“ finde ich etwa: „9. Verkauf und Wartung von Sicherheits-und Notfallprodukten,…“ ich nehme an, die WARTUNG von waffen als „Sicherheits-und Notfallprodukte“ ist die legitimation, um waffengeschäfte offenzuhalten.

wer das nun kausal verknüpft und per polemik promotet, verstellt mit diesem „waffenhandlung versus buchhandlung“ bloß den blick auf die nötigen debatten.

daß der erwerb und die lektüre von büchern den „Freizeiteinrichtungen gemäß Abs.1 Z3“ zugeordnet wird und explizit „der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung“ gewidmet sei, empfinde ich als kulturpolitischen tiefpunkt.

da wurde offenbar weder in der politik, noch in der verwaltung verstanden, daß LITERATITÄT ein stück des fundamentes unserer ZUKUNFTSFÄHIGKEIT in menschlicher gemeinschaft ist.

es geht also um die fähigkeit TEXTE zu LESEN und vor allem zu VERSTEHEN. es geht um das ARCHIVIEREN von informationen, um WISSENSERWERB und KOMPETENZGEWINN. zur zeit gibt es kein anderes MEDIUM für BILDER & TEXTE in größerem umfang, das so haltbar und dauerhaft, also derart stabil und sicher ist wie BÜCHER.

in MEINER welt ist es unausweichlich, den büchern zur versorgung von menschen einen gleichen rang zuzuschreiben wie essen und trinken. es ist mir völlig unbegreiflich, wie

a) unsere regierung solche details in einer verordnung hinnehmen kann und mir

b) in meiner region noch kein kulturreferent aufgefallen ist, der dagegen einen einwand vorgebracht hätte.

eine unerträgliche schlamperei dieser neuen bourgeoisie, die kunst und kultur offenbar über weite bereiche bloß als duftmarke nutzt und zur magd des marketings macht.

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