13. Oktober 2020

Verwaltungsbarrieren

Wer von uns mit Kräften aus Politik und Verwaltung zu tun hat, macht früher oder später die Erfahrung, daß in einigen Amtsstube dieses Klima herrscht: „Das Einzige, was stört, sind die Kunstschaffenden.“

Ich habe eine ganze Serie von Momenten durchlaufen, in denen es schien, als sollte ich der Behörde zuarbeiten, anstatt zu erleben, daß ich dort kompetente Kooperationspartnerinnen und -partner finde.

Genau das ist nämlich der Angelpunkt. In einer zeitgemäßen Demokratie sollten Staat, Markt und Zivilgesellschaft komplementär zu einander wirken können. Es geht dabei um eine sinnvolle Balance zwischen Eigennutz und Gemeinwohl.



Screenshot: Sir Oliver Mally

Wir haben unterschiedliche Aufgaben, in denen wir zugunsten des Gemeinwesens fruchtbar kooperieren sollten. Das ist in Krisenzeiten weit dringender als sonst, aber immer ein relevantes Thema.

Offenbar müßten diese Belange für ein nächste Kulturpolitik völlig neu verhandelt und geordnet werden. Dabei könnten mindestens in Verwaltungsfragen gängige Probleme ausgeräumt sein, denn hier müssen wir keine ideologischen Fragen klären. Da geht es bloß um effiziente Lösungen für den Bürobetrieb.

Da ich mich mit Musiker Oliver Mally laufend austausche, darf ich über eine aktuelle Barriere zwischen Kulturabteilungen und uns staunen. Ein Riff, gegen das er eben geknallt ist. Stunden geleisteter Arbeit gehen den Bach runter, weil das Eingabesystem einer Behörde ihn online abschüttelt, da es mit seinem Mac nicht klarkommt.

Es ist erst ein paar Jahre her, daß ich über PDF-Formulare der Behörde gestaunt habe, die so schlecht gemacht waren, daß ich meinte, da habe sich ein Praktikant verwirklichen dürfen, um seinen Erwerb des Computerführerscheins ECDL zu feiern.


Nach einer Weile kamen Excel-Blätter ins Spiel, über die ich auch manchmal fluchen mußte. Seit ungefähr zwei Jahren läßt sich vieles überhaupt bloß noch online abwickeln. Die Praxis des E-Governments.

Das sollte eigentlich plattformunabhängig klappen, egal, mit welchem Computer ich online gehe. Tut es aber nicht. Also bremst Mally erst einmal herum, weil er eingegebene Daten bei der Behörde nicht speichern kann, die ganze Arbeit von vorne beginnen muß.

Dann hängt sich die Geschichte überhaupt komplett auf. Und per Telefon ist niemand zu erreichen, der oder die verläßlich weiterhelfen könnte. Es gibt auch keine Ausweichmöglichkeit, also den Vorgang etwa per PDF- bzw- Excel-Formular stabil abzuwickeln.

Würden Sie in diesen Zeiten Ihren Job behalten, wenn Sie einem privaten Betrieb die Schnittstelle zwischen Firma und Klienten so gestaltet hätten? Weshalb ist es kein erkennbares kulturpolitisches Anliegen seitens des Staates, die Kommunikationswerkzeuge zwischen Kulturabteilungen und den primären Kräften so zu optimieren, daß der Umgang für beide Seiten verläßlich klappt?

Ich kann es Ihnen verraten. Wir haben seit wenigstens zehn Jahren keinen adäquaten kulturpolitischen Diskurs darüber, wie diese beiden Sphären – Verwaltung und primäre Kräfte des Kunstgeschehens – in Rollen und Funktionen komplementär statt hierarchisch angeordnet werden können. Eine Schwäche der Zivilgeschäft, der Politik nicht abzuverlangen, diese Verhältnisse besser auszubalancieren.

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