7. Oktober 2020

Information or Confirmation?

Wollte ich in eine Debatte um den Sinn des Maskentragens einsteigen, müßte ich mir erst eine Portion Sachkenntnis erarbeiten, die ich nicht abrufbar habe. So viele Arten von Partikel-Größen, Materialien, Maskenformen, Situationen, Atemlagen… Wer hat jetzt gerade mehr an Wissen vorrätig, als das, was man aus der Lektüre von zehn beliebigen Berichten schöpft, deren Quellen höchst unterschiedliche Qualität haben?

Ach ja! Und ein paar Interviews mit Fachleuten. Clips, die auf Youtube verfügbar sind; neuerdings vermutlich schon in die Tausende gehend. Deren Quellen und Qualität kann ich nicht beurteilen. Aber jede Woche empfehlen mir einige meiner Facebook-Kontakte: „Bitte dringend lesen und gleich teilen!“


Wieso? Danke, ich weiß mir selbst zu helfen! Ich bin seit vielen Jahrzehnten leseerfahren und verstehe mich darauf, Quellen zu finden, zu erschließen. Auf Youtube-Empfehlungen habe ich mich noch nie angewiesen gefühlt. Was schert mich, daß Du eben etwas gefunden hast, so aufregend, daß Du darüber die Contenance verlierst?

Diese aufgeregten Schnatterwesen gehen mit inzwischen unsäglich auf den Geist. Haben wir das so gelernt? Man schnappt etwas auf, das klingt irgendwie plausibel und die sprechende Person wirkt sympathisch, na, dann muß es ja Relevanz haben.

Diese Art der Wichtigtuerei samt aller Betroffenheitsgymnastik ist langsam so erfreulich wie Zahnschmerzen. Informationsbezug, Meinungsbildung, Wissensgewinn, das sind Markierungen in sehr komplexen und anspruchsvollen Prozessen. Wenn Dir ein paar Zeitungsartikel und ein paar Youtube-Clips dafür genügen, okay, geschenkt! Aber laß mich bitte mit dieser billigen Erregung in Ruhe!


Höre ich jemandem zu und mir leuchtet ein, was die Person sagt, dann erfahre ich dadurch erst einmal mehr über mich als über mein Gegenüber. Was mir plausibel erscheint ist ja immer nur ein Teil der Geschichte. Natürlich klingt es sympathisch, wenn wer anderer etwas ähnlich sieht wie ich. Das mag ich ebenfalls. Aber es liefert keine… Erkenntnis.

Ich mag es auch, wenn ich eigene Ansichten bestätigt finde (Confirmation). Aber ich brauche dann weitere Informationen aus anderen Quellen, um auf Erkenntnis zu stoßen und Wissen zu gewinnen. Das lernte einst jeder Teenager, der während eines Sommers ein Ferialpraktikum in der Redaktion einer Tageszeitung absolvierte. (Ob man es heute dort noch lernt, womöglich sogar in der Schule, weiß ich nicht.)

Information or Confirmation? Also: informiert werden oder Zustimmung kassieren? Das sind zwei verschiedene Angelegenheiten. Ich genieße Zustimmung. Dafür brauche ich Mitmenschen im direkten Kontakt.

Ich mag es, Themen zu wählen, über die ich mehr Information wünsche. Das krieg ich für mich hin und entscheide auch, wer mir vertrauenswürdige Personen sind, die ich in einschlägigen Fragen konsultiere. Also bitte keine „sensationellen Tips“, die ich „unbedingt“ anhören und verbreiten solle. Das hat etwas Sektenhaftes…

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