3. Oktober 2020

Was hat denn nun am Lauf der Dinge kulturpolitishe Relevanz? Ein komplexes Thema. Künstler Chuck LeMonds hat gestern einen Freispruch bekommen. Der Staatsanwalt ging in die Berufung.

Das Kulturgeschehen der Region bleibt ohne Reaktion. Die Kulturpolitik der Region läuft mit gewohnten Schritten, als wäre 2020 kein Jahr der Brüche geworden. Die Kulturschaffenden der Region… Genau! Ist ja nichts geschehen. Oder doch?



Quelle: Kleine Zeitung

Diese Woche: hundert Jahre Österreichs Verfassung. Der zweite Prozeßtag in Weiz. Der Corona-Test von Donald Trump. Das Reüssieren der „Proud Boys“. Heute: 30 Jahre Deutsche Einheit. Das bedeutet unter anderem: die vorherrschende Männerkultur hat wieder einmal Festwochen.

In ein paar wenigen Nischen ereignen sich interessante Diskurse, weich gebettet in merkwürdiges Schweigen, das von allerhand Ömpörung übertönt wird. Gut. Das läßt sich sortieren. Dann kenne ich mich wieder aus.

Ich lese, Trump hat den „Proud Boys“ zu einem Wappenspruch verholfen: „Stand back and stand by!“ Ein frischer Männerbund, in der Selbstdarstellung eine Mischung aus Mara Salvatrucha und SA. Sie wären gerne so hart wie die Jungs einer Mara und sind für die Demokratie so belastend wie die SturmAbteilung der Nazi. So kennen wir Männerrudel mit schwächelnden Egos seit ich darüber nachdenke.


Frauen wissen seit wenigstens tausend Jahren, daß es für sie nichts Gefährlicheres gibt, als Männer mit schwächelndem Ego. Staatsführer wissen sein tausend Jahren, daß sie die unruhigen zweit- und drittgeborenen Söhne, jene jungen Männer, die keine Zukunft in Sachen Geld und Rang haben, entweder als Gewaltreserve an sich binden oder in andere Länder loswerden müssen.

Die dritte Option wäre das massenhafte Abfackeln dieser jungen Männer in großen Kriegen. Greift keine dieser Varianten, erwachsen aus den Jungs umsturzfreudige Banden, die für jedes Regime ein innenpolitisches Problem ergeben. Das paßt auf etwas verquere Art auch zum Thema Mauerfall und dessen Konsequenzen.

Im 2020er Lockdown hatte ich begonnen, meine Wohnung einem archäologischen Projekt zu unterziehen. Ich begann bei meinem Zeugs zu graben, bestaunte, was dabei gelegentlich zutage kam. Dazu hab ich in meiner Facebook-Leiste ein eigenes Album („lockdown-indoor-grabungen“) aufgemacht. Das erste Foto ging am 27. März rauf.

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Am 22. April folgte eine Karte aus dem „Hotel Stadt Berlin“, damals noch Ostberlin. Dazu die Notiz: „dann sah ich den konvoy. schwarze volvos mit verhängten fenstern. man sagte mir: das ist gorbatschow. danach begann die welt sich anders zu drehen.“ (Das finden Sie auch auf Blatt #4 im Austria-Forum.)

So sah damals meine kleine Tour aus: ein Studienaufenthalt in der DDR vom 3. - 13. Dezember 1987, die Einladung war vom Schriftstellerverband der DDR gekommen, Hotel „Stadt Berlin“ (Berlin), Hotel „Lausitz“ (Cottbus), Hotel „Lilienstein“ (Dresden) und wieder Hotel „Stadt Berlin“.

Das lief also während jener Tage, in denen der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow nach Ost-Berlin kam, um in einer Konferenz den Mitglieder des Warschauer Paktes zu berichten, was sein Treffen mit US-Präsident Ronald Reagan ergeben hatte. Siehe dazu den Eintrag im Projekt-Logbuch!

Rund drei Jahre später galt der Kalte Krieg als beendet. Nun scheinen wir in einer neue Version solcher globalen Kräftespiele angelangt zu sein. Das schafft erheblichen Klärungsbedarf.

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