8. September 2020

Abgründe

Hab ich mich länger, intensiver, mit eher unfreundlichen Angelegenheiten befaßt, darunter auch mit traurigen bis entsetzlichen Dingen, dann merke ich, wie eine Art Sicherung in mir klickt und die Verbindung zu diesen Ungelegenheiten trennt.

Ich kann mich auf diese Sicherung verlassen. Sie reißt mich aus der Anziehungskraft, die das Elend haben kann; solange es einen nicht selbst betrifft. Es ginge auch mit einer anderen Metapher: regelmäßig die Filter hochfahren und nicht immer alles an sich heranlassen. (Dennoch durchlässig bleiben.)

Warum das einer Erwähnung bedarf? Die Dauererregung unserer Gesellschaft scheint sich über Kanäle wie Facebook noch erheblich zu verdichten, zu vertiefen.

In „Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft“ notierte Friedrich Nietzsche einen Hinweis, den man als Warnung deuten kann: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

Unser Theater wurzelt im Götterkult der Antike. Dabei haben sich Konventionen entwickelt, die es zum Beispiel nicht zuließen, Kampfszenen oder die Tötung eines Menschen direkt darzustellen.

Wahrnehmungserfahrungen verändern uns. Wie erwähnt, wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. Das sollte sich dosieren lassen.

[Eine Facebook-Notiz]

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