31. Juli 2020
Wolkenlos. Okay. Und ich lese, da werden sich heute bis zum Abend über
30 Grad halten. Das ist ja für den letzten Juli-Tag sehr angemessen und
gleicht sich nachts wieder aus. Welche Annehmlichkeit, daß mich bis zum
anschließenden Morgen Kühle umgibt.
Gestern war ich in einen
Garten gewunken worden, in dem bald darauf ein Feuer brannte. Das schien
mir auf Anhieb beunruhigend. Glut unter diesem Sommerhimmel. Franz weiß
was er tut. Er und seine Frau zählen zu den paar Menschen, die mir etwas
ganz Grundlegendes bieten. Wenn ich mit ihnen bin, muß ich nie auf der
Hut sein.
Es ist die beste Art in der Welt zu sein.
Diese Leichtigkeit im Umgang miteinander. Und nie ist etwas beliebig.
Ich mag dieses schnoddrige Bonmot sehr: „Karma is a bitch!“ Der
Witz daran, Karma ist nicht Kismet. Es mag ja sein, daß es ein Schicksal
gibt, dem man sich ergeben müßte. Unausweichliches kommt vor und kann
einen mit großer Wucht treffen. (Wer wüßte das besser als ich?)
Karma ist aber die Folgerichtigkeit. Alles hat Konsequenzen. Nichts ist
egal. Das gefällt mir, weil es von einem Maß an Selbstverantwortung
handelt, mit Leben so lohnend wird. Wer über sein Karma räsoniert, hat
sich dabei natürlich selbst im Fokus.
Das sind Aspekte, die wir letzte Nacht erörtert haben. Was ist mit
jenen, die dafür nicht gerüstet sind, die sich selbst nicht verstehen?
Was ist mit jenen, die nicht gehört werden? Was bedeutet das für uns?
Ich hatte eben erst notiert: „Tempo
rausnehmen!“ (Entschleunigung ist nur ein Wort) Das ist jetzt
bloß ein Hinweis auf die Frage, wie wir Entwicklungen begegnen möchten,
bei denen in allen Lebensbereichen permanente Beschleunigung
festgestellt werden muß.
Wir haben über den Taylorismus
gesprochen. Eine bittere Frucht der Industriellen Revolution.
Dieses Zerlegen der Arbeit in kleinste Einheiten, um die Abläufe
rationeller zu gestalten. Das waren Schritte der Maschinisierung des
Menschen, also die Anpassung von Menschen an Maschinensysteme.
Fließband! (Die Zweite Industrielle Revolution.)
Du mußt bloß ein paar wenige Handgriffe beherrschen und verläßlich, vor
allem endlos, wiederholen. Dazu mußt du nicht smart sein; im Gegenteil,
ein wacher Geist stört. Das hatte einen bemerkenswerten Vorboten im
Dreißigjährigen Krieg. Durch Innovation in der Waffentechnik.
Plötzlich war eine markante Erhöhung der Feuerkraft möglich. Dazu mußten
die Schützen aber trainiert, der Ablauf bestimmter Handgriffe gedrillt
werden. Tempo. Effizienz. Woran sollten also nun Menschen in dieser
Vierten Industriellen Revolution angepaßt werden?
Wir
erleben kognitive und physische Limits im Beschleunigen des menschlichen
Tuns. Wir haben uns erneut mit Maschinensystemen umgeben, deren
Leistungen menschliche Möglichkeiten übersteigen.
Der Philosoph
Günther Anders nannte diesen Effekt Prometheische Scham. Werden
wir deshalb auf so vielen Feldern beschwindelt und belogen? Weil uns ein
Tempo treibt, dem niemand mehr gewachsen ist? Auf welche Art wäre da zu
bremsen? |