8. Juli 2020
Noch nie hatte ich ein
größeres Stück Käse zu Hause. Das war verschiedenen Speisen zugedacht.
Und süßes Traubengelee. Es kam nicht aus einem Laden, sondern aus einer
privaten Küche. Ebenso ein Glas Pfirsichmus. Das sind Dinge, die mir die
Designerin geschenkt hatte. So viele Handgriffe, um geschmackliche
Sensationen abzufüllen, die ich jeweils mit Wein kombiniert hab.
Einmal trockener Weißburgunder und einmal
säuerlicher Schilcher. Da hocke ich dann in der Stille und staune vor
mich hin. So ein Staunen hab ich manchmal mit guten Äpfeln.
Dazu denke
ich mir: wie kommt die Evolution auf sowas? Daß solches Vergnügen
vorrätig ist. Ob denn Pflanzen im Gegenzug an irgendwelchen
Dingen auch solches Vergnügen haben? Und wie geht es den Steinen?
Äpfel und Gewürze, vor allem dieses sehr scharfe Rabiatzeug, hat mir die
Bäuerin geschenkt. Wenn ich sie danach frage, bestätigt es sich: das
alles braucht unglaublich viele Handgriffe. Und Wissen, wie man derlei
Dinge behandeln muß, damit alles gelingt.
Die alte Geschichte mit
dem Feuer. Seine Gefahr bannen und seine Hitze kontrollieren. An den
Herdstellen sind die Wurzeln von Zivilisationen. Das Essen. Tongefäße.
Stahl. Glas. So verzweigt es sich. Die Gefahr zu bannen und die Hitze zu
kontrollieren läßt manches werden. Metall schneiden, Metall verbinden,
beides geht mit Feuer. Wenn man anfängt, darüber nachzudenken, ist kein
Ende der Möglichkeiten in Sicht.
Aber die Speisen! Jüngst war ich mit dem
Panda-Boss auf dem Parkdeck.
Sie hat das gleiche Faible für alte Autos wie ich, denn das ist uns
alles Beute. (Sie schraubt aber auch – im Gegensatz zu mit – an ihren
italienischen Favoriten.) So streunten wir mit Fotoapparaten zwischen
den Fahrzeugen herum, Panda-Boss,
Garagenliebling und ich.
„Heute ist die Sonne unser Feind“, sagte sie, denn oft hatten wir
Gegenlicht oder harte Lichtreflexe von Glas und Chrom, was beim
Fotografieren naturgemäß sehr stört. Von ihr habe ich diese Mischung
bekommen: Salz und verschiedene Kräuter, „alle von meinem Balkon“.
Freilich bin ich begünstigt. Ich hab nun Zeit, mich diesen
Dingen zu widmen Ich muß im Alltag nicht unter dichter Versorgungsarbeit
mühsam dem Lauf der Dinge Nischen für solche Betrachtungen abringen.
(Solche Verpflichtungen liegen längst hinter mir.)
Mein Arbeitsplatz ist unterm gleichen
Dach wie die Küche, genau ein Stockwerk darüber. Ich war in eben meiner
Küche nie von Talenten oder Visionen belastet. Da hat sich inzwischen
viel Spielraum aufgetan. Ich koche längst wieder Dinge, die mir selbst
auch schmecken, obwohl ich nicht die Nerven hätte, das jemandem anderen
vorzusetzen.
Ich treibe durch die Tage und durch meine
Themen. Die Stromversorgung ist so stabil wie der Internetzugang, was
bedeutet: ein großer Teil meiner Arbeit war durch den Lockdown
vollkommen unbehelligt.
Dieser nächste Anlaß zur Sparsamkeit.
Daraus eine Konzentration auf das Verfügbare. Eine erhöhte Achtsamkeit
für Vorhandenes. Die Geschmäcker. Diese Momente, wenn sich all das
erschließt. Wein, Käse, Gewürze, Äpfel… Über Brot hatte ich auch mehrfach
nachzudenken. |