24. Juni 2020
Der Sommer hat es ja doch noch geschafft und im Raum unter mir habe
ich die Fensterbalken geschlossen, um die Kühle der Nacht zwischen den
dicken Mauern zu halten. Außerdem mag ich dieses Zwielicht sehr, das
sich sommers nur durch Holzbalken ergibt, nicht durch Jalousien.
Chris Scheuer ist im Schloß schon mit dem Hängen seiner Bilder befaßt.
Das ist eine Arbeit, die ich immer gescheut hab, weil sie Genauigkeit
verlangt. Solche Mühe, daß die Abstände stimmen und dort Regelmäßigkeit
vorkommt, wo das Auge schon kleine Abweichungen registriert. Es verlangt
Geduld in einem Ausmaß, welches ich in mir nicht finde.
Die Arbeit der Nacht: Puch-Wagen auf der Ries (Archiv
Lanner)
Das zählt zu den Gründen, weshalb ich als
Handwerker nichts tauge, obwohl mich das so fasziniert. Gut, ich hab
andere Felder gefunden, wo ich der Arbeit mit meinen Talenten gewachsen
bin, die mir Querverbindungen erlauben. Und sei es bloß Archivarbeit an
solchen Stoffen.
Was nun Chris Scheuer angeht, hab ich letzten
Herbst in „Die Arbeit am Kommenden“ festgehalten,
„Kulturarbeit sei kein Dekorationsgeschäft, sondern das Bemühen um ein
geistiges Klima, in dem ein Gemeinwesen Zukunftsfähigkeit entwickelt.
Das ist nicht die Leistung einzelner Funktionärstypen, die sich bei
jeder Gelegenheit hervortun. Sowas geschieht in gesamtgesellschaftlichen
Zusammenhängen.“ [Quelle]
Krusche (links) und Scheuer, von Scheuer gezeichnet
War es nötig, daß wir diesen Aspekt vom Lauf der Dinge nun so drastisch
bestätigt bekommen? Die Funktionärswelt taumelt. Ich hab zu
Lockdown-Beginn mehrfach betont, wir Kunstschaffende seien nun auf uns
gestellt. Mein Fazit war vor einer Weile, daß sich eine neue Bourgeoisie
etabliert habe, die über Kunst in Kategorien des 19. Jahrhunderts redet
und entsprechend handelt; bzw. unterläßt.
Ich denke sogar, dieser
Teil eines Bildungsbürgertums ist inhaltlich derart schwach, daß es
nicht einmal für die Intention reicht, Leute wie uns in die Wüste zu
schicken. Sie vermasseln es einfach mangels Horizont und Tiefe,
beschädigen oder ruinieren unsere Strukturen aus fehlender Kompetenz
und werden so stellenweise auf unschuldiger Art los, was sie behelligt;
nämlich uns.
Aber nein! Ich zähle nicht zu den
Verschwörung-Ministranten. Ich hab hier unter „Weg mit Krusche!“
dokumentiert, wie vor ein paar Jahren regionale Honoratioren sich mit
Intention und großer Anstrengung bemüht haben, mich abzuschaffen. Dieses
Bemühen war inhaltlich detailliert begründet und zielte auf meine
Existenz. Federführend zeigte sich damals ein Nationalratsabgeordneter,
der parlamentarische Immunität genoß; siehe: [Link]
Solche Dinge geschehen, wenn Ressourcen knapp werden. Momentan sind
Ressourcen sehr knapp. Dazu paßt, daß die maßgeblichen Kulturreferenten
meiner Region zum Status quo umfassend schweigen und bloß das Thema
Veranstaltungen bedienen; also Konsumation statt Partizipation. Siehe: [Link]
Dazu paßt überdies, daß ich bisher keine Kulturinitiative meiner
Region entdecken konnte, die sich zum Status quo geäußert hätte; siehe:
[Link]
Es hat gute Gründe, daß mein Set am kommenden Freitag genau so
lautet: „Martin Krusche spricht: Die Kunst schweigt nie!“ Ich
widerspreche energisch dem wohlgefälligen Slogan „Ohne Kunst wird’s
still!“. Der ist so kohärent wie „Das Wasser ist naß“ oder
„Ohne Sonne wird’s finster“.
Auch der Subtitel
„kunstistauchsystemrelevant“ taugt gar nichts, weil die Kunst etwas ganz
anderes ist, nämlich konstituierend im Rahmen der Conditio humana. Da
kann dann irgendein System überhaupt erst ansetzen. Es sind also
grundverschiedene Ebenen; siehe dazu: [Link]
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