24. Mai 2020
Als Carmen noch
ausschließlich Zwetti hieß und wir uns zum ersten Mal
begegnet sind, war ich jemand völlig anderer. Nun hab ich
alte Bilder herausgekramt. Es ist offensichtlich nicht das
gleiche Leben gewesen. Wie unbeschwert wir unseren Träumen
nachgingen, darin vollkommen unerschütterlich.
Nun saß ich unter diesem ausladenden Baum vor einem
ungewöhnlichen Bauernhaus nahe Pöllau. Daß Carmen ein griechisch
anmutendes Essen aufgetragen hatte, liegt in dieser Geschichte,
von der wir im Gespräch Bruchstücke zusammengesetzt haben.
Ich war gestern mit ihrem Bruder Mario angekommen,
schließlich fanden sich auch noch die Eltern der beiden ein,
Heidi und Manfred Zwetti. Es ereignete sich nach vierzig Jahren
zum ersten Mal, daß wir wieder gemeinsam an einem Tisch saßen.
Zuletzt hatten wir das am Fuße des Pelion getan, am Ufer der
Ägäis. Die vier Zwettis, Carmen und Mario noch kleine
Kinder, ich mit Christa Weber (†). Dort, an diesem Strand
und an diesem Tisch, meinte Christa damals, wenn wir schon
zusammen seien, könnten wir ja heiraten. Haben wir gemacht.
Christa war eine lebenshungrige, geistreich Frau, zu
jener Zeit noch nicht ganz eindeutig zwischen Sopran und
Mezzo festgelegt, auf dem Weg nach Bayreuth. Im Jahr 1979
hatten wir unsere Hochzeit und zogen eine Weile später nach
Hamburg.
Gestern ein Hauch von Reminiszenzen, die sich als Anlaß geeignet
haben, diese biographischen Bögen zu bestaunen. All die
unterschiedlichen Lebenslinien, Konzepte, Ereignisse, Brüche und
Entwicklungen.
Was für eine Wohltat, Zeit mit Menschen
zu verbringen, die bei allen Unwägbarkeiten und bei dem, was
sich an Ärgernissen manchmal nicht abwenden ließ, der Bitterkeit
und dem Zynismus widerstanden haben, stattdessen jeweils nächste
Lösungen suchten.
Vierzig Jahre danach, von
links: Mario, Carmen, Martin, Heidi und Manfred
Nachts dann noch meine samstägliche Tele-Drink-Session, mit
der diesmal die zehnte Lockdown-Woche zu verabschieden war.
Danach die Notiz: „...aber wenn wir keine Zuversicht
hätten, kämen wir nicht voran. Und wenn wir keine
Vergangenheit hätten, wüßten wir nicht wohin.“
-- [Lockdown] --
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