4. Mai 2020

Corona als Alibi

Forscher Franz Nahrada schrieb dieser Tage: „Wir lernen immer mehr über dieses vertrackte Virus und seine unerwarteten Eigenschaften.“ Ja, sehr erstaunlich! Um es völlig ironiefrei zu betonen: Ich bin ziemlich beeindruckt! Noch nicht einmal ein Lebewesen, weil ohne Stoffwechsel, aber wie effizient dieses derart simpel gebaute Naturphänomen uns angreifen kann. Aber tut es das?

Es ist eigentlich gar kein Attacke. Weshalb? Weil dieses minimalistische Covid-19 ohne Wahrnehmung und Intentionen ist, weil es sich selbst schadet, wenn es den Wirtskörper tötet. Das bringt mich zu einem eigentümlichen Schluß.

Corona kann sich selbst nicht bewegen, kann sich aus den eigenen Ressourcen nicht reproduzieren. Das Virus braucht erstens zur Reproduktion Material aus dem Wirtsköper, braucht zweitens diesen Körper als Lebensraum.

Also muß ich annehmen, daß vor allem unser Umgang mit allen Dingen die Gefahren von der Kette läßt. Kausalitäten! Auch wenn das Virus unbestreitbar der Trigger ist, durch den in meinem Leib etwas Tödliches ausgelöst werden kann, so ist es unser aller Umgang mit der Welt, mit den Dingen, mit uns selbst, wodurch eine Pandemie entsteht, die uns in Gefahr bringt.

So betrachtet versteh ich nun auch die Leugner, die Großmäuler, die Obskurantisten und die Posierer besser. Ich versteh eher, was gebildete Menschen dazu bringt, sich etwa von Moderatoren oder Quotern einen einzelnen Experten als herausragende Kapazität zurechtreden zu lassen, um sich dann dessen ziemlich substanzloses Geschwafel anzuhören und daraus Trost zu schöpfen.

Das ist alles großes Entertainment. Wunderbarer Zeitvertreib. Es kann einen von der Vorstellung ablenken, daß ja nicht wir von diesem Virus angegriffen werden, denn dazu ist es weder gewillt, noch in der Lage. sondern daß wir uns diesem Virus ausliefern. Durch unser Verhalten, durch unseren Umgang mit der Welt.

Ich finde es fast zum Schreien komisch, mir bewußt zu machen, wie viel Gehampel, Getue und Gerede aufgewandt wird, um sich diese einfache Klarheit zurechtzuschminken, zu dekorieren: unser Verhalten als Gemeinschaft entscheidet maßgeblich, was Covid-19 bewirken kann.

So wird auch begreiflich, warum sich derzeit selbst Menschen mit erkennbarem Reflexionsvermögen aus dem Angebot diverser Verschwörungstheorien bedienen. Wo ein „Wir“ regieren sollte, lassen solche Flausen ein „Wir hier und die da“ zu.

Wenn wer anderer schuld ist, kann ich meine Selbstverantwortung runterfahren. Und findet sich grad niemand, um schuld zu sein, bleibt immer noch eine Regierung oder Bill Gates. Lauter dünne Alibis!

P.S.: Das Foto stammt von meiner Tele-Drink-Session zur Verabschiedung der siebten Lockdown-Woche. Und mein Vorschlag zur Sache: Statt Ausreden zu produzieren, nun dort, wo man grade steht, auf den zwei Fußbreit Boden, sich mit der Idee einer Verantwortung für sich und andere anfreunden.

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