28. April 2020
Selbstverschuldete Unmündigkeit
Wenn man
in Schwierigkeiten steckt, ist es verlockend, seine Umgebung zu
scannen und Personen zu markieren, die am eigenen Ungemach
schuld sein könnten. (Konjunktiv!) Dieser Modus boomt
augenblicklich. Ich halte das für ein Erbe der Gegenreformation,
durch die ein Feiern von Schuld und Sühne politische Dimensionen
bekam, die uns noch heute Kummer bereiten.
Ich denke
derzeit intensiv über eine nächste Kulturpolitik nach. Dabei
nützt mir auch der Blick in die Vergangenheit. Vor allem, weil
in Zeiten grassierender Probleme das kulturelle Leben von einer
irritierenden Widersprüchlichkeit durchzogen wird. Im Anspruch
auf staatliche Gelder werden geradezu rebellische Töne laut.
Das zeigt sich in der Steiermark seit nun rund 30 Jahren
wiederkehrend, wenn Krisen aller Art den Kulturbetrieb belasten.
Dabei haben wir in Österreich kein Talent zur Revolution, denn
selbst die von 1848 war mehr eine kurze, blutige Operette als
sonstwas. (Hungerrevolten der Bauernschaft liegen viel weiter
zurück.)
Polemisch verkürzt: seit Josef II. kommen bei
uns die Reformen von oben. Vielleicht schütteln deshalb
Kulturschaffende gerne die Fäuste, solange diese noch in den
Taschen stecken. Ich rechne das inzwischen unserer Folklore zu.
Aber was dann?
Kurze Rückblende zur Frage nach
selbstverschuldeter Unmündigkeit. Genau! Immanuel Kant:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner
selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das
Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu
bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die
Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der
Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung
eines anderen zu bedienen.“
Das wäre ja erneut ein
brauchbarer Anfang… ("Für
eine nächste Kulturpolitik")
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