24. April 2020
Zeilen aus dem Lockdown
warum haben wir
suppenteller und keine schalen?
immer das gleiche! im
geschäft stehe ich vor der schokolade und denk: „besser
nicht!“ ein paar stunden später, zuhause, denke ich:
„mist! niemand hätte mich hindern können.“ (und ich find
kein mittel gegen ambivalenz.)
...und wieder lese ich
hier von kulturschaffenden, die ihre selbstdefinition durch
feindmarkierung betreiben. ich werte das als sicheren hinweis
darauf, daß man selbst nicht genau weiß, wer und was man ist,
wie und womit man nun vorankommen soll. auch eine art von
bankrotterklärung, die ihre fundamente wohl schon VOR der
pandemie gehabt hat
ein cooler hund würde jetzt eine
handgranate in die küche werfen, an der alten stelle dann ein
neues haus bauen, so wüsste niemand, dass es beim kochen etwas
schlampig zugegangen ist.
praktisch: mein büro liegt ÜBER
der küche. bei reis, kartoffeln oder auflauf rieche ich also,
wenns genug ist, ohne daß sich alles schon ins geschirr gebrannt
hätte
da hat die evolution ja ordentlich geschludert!
statt daß man vom lesen muckis kriegt, fühlt sich der lockdown
an wie fünf wochen bettruhe. jetzt kann ich mit meiner
sportler-karriere wieder bei null anfangen
sagt jemand
„meine wenigkeit“, denke ich an karl kraus, der da
meinte: „machen sie sich nicht so klein, so groß sind sie
nicht!“
ach, diese aktuell boomende bruno
kreisky-romantik! (ich sollte mir einen elias canetti-button
machen lassen. oder doch lieber einen mit vaclav havel? ich
möchte endlich ein nostalgiker sein!)
zugegeben, ich spür
so einen hauch von bewunderung für diese legionen von experten
da draußen. ich finde mich selbst noch stark in der defensive.
ich hatte schon einmal einen schlauch in der lunge. das ist
verdammt uncool!
nun ist die 5. woche lockdown mit einem
drink zu verabschieden. unschärfen liegen im wesen der
situation.
wenn es im quiz klemmt: „wer hat die
realitätstheorie erfunden?“
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