31. März 2020
Küchenkram
Für ein kleines Kind zu
sorgen, das bedeutet unter anderem zweierlei. Das Zwergerl muß
mein pädagogisches Konzept überleben, aber auch das von mir
gekochte Essen. Mein Rollenkonzept war damals einfach: ich bin
der Boss. Meine Pädagogik bestand aus drei Grundregeln: Das Kind
nicht schlagen, nicht demütigen, dem Kind nicht blöd im Weg
stehen.
Mit dem Kochen verhielt es sich, ähem, räusper,
etwas diffiziler. Lebensmittel sprechen nämlich nicht zu mir und
die Küche schweigt mich ebenso an. Ich hab es mir irgendwann mit
einem innerfamiliären Traditionsbruch erklärt.
Oma
Cäcilia galt als steirische Entsprechung einer böhmischen
Köchin. Dagegen lieferte meine Mutter gelegentlich sogar noch
zuhause eine Alarmsituation für den Aktiven Tierschutz, wenn das
Schnitzelfleisch schon auf dem Schneidbrett lag und sich gegen
die Pfanne aufbäumte.
Ich hab also meinen patriarchalen
Grundkurs ohne segensreiche Einflüsse aus der Welt der Kulinarik
absolviert. Damit kann man Jahre zubringen, ohne eine
Existenzkrise zu erfahren. Mit Kindern ändert sich das, wie
angedeutet, doch nur, bis sie groß genug sind, um Spaghetti,
Pizzen und anderes Junk Food für eine relevante Nahrung zu
halten.
Spätestens wenn sie das erste Mal ein Nova
Rock-Festival besuchen, brechen sowieso alle jüngeren
Ernährungskonzepte zusammen. Das läßt sich entspannt hinnehmen,
bis man als Mann mittleren Alters wieder einmal eine Frau
beeindrucken möchte. Da sollte man sich in einer Küche nicht
völlig zum Deppen machen.
Ich kürze ab. Die letzten zehn
Jahre waren eine Phase zunehmender Verwilderung. Das entwickelte
sich zu einer Verweigerung. Darin braucht es auch einen Hauch
Leidensfähigkeit. Bis der Tag kam, an dem mir klar wurde: Ich
bring von dem, was mir in der Küche gelingt, nichts mehr runter,
ich kann es nicht einmal mehr riechen. Zeit für eine Quest.
Da bewährte sich nun, was gute Freunde leisten, wie etwa
Franz, der mich als Gast immer schon zur Kochzeit in die Hütte
läßt, so lerne ich was. Oder der Driver, der sehr gut kocht, und
dann beiläufig sagt: „Ach, dieser Kürbis, das ist leicht.
Das geht so und so.“ Oder Carmen, die in Telepräsenz
punktgenaue Impulse setzt. Oder Eva, die sagt: „Dann kommst
amal zu uns und dann mach ma das zusammen.“
Wissen
Sie, was das bewirkt? Ich bin dadurch kein guter Koch geworden.
Aber Ermutigung schafft einem Handlungsspielraum. Und
Handlungsspielraum macht neue Erfahrungen möglich. So ändern
sich Dinge… auch jetzt, im Lockdown.
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