21. März 2020

Die Apotheke

Ich hab mir grade einen Bonus genehmigt und werde mir zur ersten Woche des persönlichen Lockdown einen auf die Lampe gießen. Heute ist Samstag und ich rechne im Lauf des Tages noch einmal mit dem ganz charakteristischen Klang, der mich erreicht, wenn der Lieferant in seinem Transporter jene Kunststoff-Kisten zurechtrückt, in die der Nachschub für die Apotheke verpackt ist.

Genau! Ich wohne im Hof hinter der Gleisdorfer Stadtapotheke und bin mit den Fahrern, die laufend liefern, oft vertraulicher als mit meinen Nachbarn. Das macht die Kontinuität. Dazu kommen ab und zu die Hunde der Chefin. So ein kleines Rudel Fröhlichkeit, das um sie herumtobt, wenn sie den Hof überquert.

Als Autor lebe ich seit rund 40 Jahren mit einem Home Office, bin gewohnt, mit knappen Mitteln zurechtzukommen, mag die Stille, halte es sehr gut aus, wenn ich etwa eine halbe Woche lang kein einzige Wort sage. Ich mußte mich also derzeit weder besonders umstellen, noch brauche ich mir den Kopf zu zerbrechen, wie hoch für mich ein mögliches Gefahrenpotential ist.

Dieses Coronavirus ist ja kein Ninja, sondern ein trauriger kleiner Sack, der sein Dasein als Trittbrettfahrer fristen muß. Von sich aus kommt das Teil nirgends hin. Es muß von uns verbreitet werden.

Wenn ich also zu den Menschen Distanz halte, mich nicht anhusten lasse und mir nicht mit den Fingern ins Gesicht fahre, bevor ich mir die Außenwelt mit Seife gründlich abgewaschen hab, bin ich auf einer ziemlich sicheren Seite. Ich darf darüber verfügen, bestimme selbst, wie sehr ich mich der Welt da draußen ausliefere, denn die Versorgung der Stadt klappt vorzüglich.

Da geht es der Apotheken-Crew ganz anders. Diese Leute werden dringend gebraucht, machen täglich ihren Job, was zweierlei bedeutet. Sie sind allen Leuten ausgesetzt, die daherkommen. (Du weißt ja nie, welche rücksichtslosen Deppen darunter sind, die gerne nachplappern, diese Pandemie sei mehr Fake News als Gegebenheit, die sich entsprechend dumm verhalten.)

Und die Apotheken-Leute müssen es hinunterschlucken, falls sie Sorgen, womöglich Ängste haben. Ein bedrückender Zustand, in dem ich mich verbarrikadieren könnte, falls mein Vorrat an Nudeln, Kartoffeln, Reis und (was war da noch?) ausreicht. Damit ich diese Wahlfreiheit habe, setzen sie und andere sich der Alltagsarbeit und den ankommenden Menschen aus.

Das bedeutet sehr konkret, ich darf mich sorgloser fühlen, weil all diese Leute ihren Job machen. Gestern fiel mir übrigens ein, meinem vertrauten Arzt zu schreiben und mich zu bedanken, daß ich ihn gerade nicht brauche. (Der hat es ja sicher auch nicht grade fad.)

Momentan kann ich sonst kaum etwas wesentlicheres beitragen, als festzuhalten: Ich weiß, daß Eure Anstrengung das Fundament meiner Ruhe ergibt. Es ist mir nicht egal! Es ist für mich nicht selbstverständlich!

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