16. März 2020

Vielleicht ist das banal und schlicht komplementär: Ein Getöse via Social Media als Ausgleich zur Stille vor dem Haus, bedingt durch die Ausgangsbeschränkungen. Ich hab derzeit freilich leicht reden. Ich bin als Freelancer seit über 40 Jahren mit dem Home Office vertraut.

Ich muß nicht mehr für kleine Kinder sorgen, im Haushalt für bloß eine Person Vorräte halten und so lange die Internetverbindung steht, ist ein erheblicher Teil meiner gewohnten Arbeit ganz unbehelligt.

(Foto: Mario Zwetti)

Ich darf aus freien Stücken zu allen möglichen Sorgenquellen Abstand halten, weshalb ich mir viele Sorgen nicht machen muß, die andere, exponiertere Menschen, derzeit sicher haben. Das ist also eine überaus bevorzugte Position gegenüber bemerkenswerten Neuigkeiten wie: „Seit Mitternacht gelten etwa landesweit verschärfte Ausgangsbeschränkungen.“ Ich kann mich bisher an nichts Vergleichbares erinnern. „Die Beschränkungen im öffentlichen Raum werden von der Polizei kontrolliert.“ [Quelle]

Das Foto (oben) vom eiligen Maurer schickte mir Mario Zwetti aus der Bezirkshauptstadt: „Spannende Schilder sind in Weiz zu sehen…“ Ich darf inzwischen ziemlich ungestört darüber nachdenken, was diese Situation in meinem Metier für Erfahrungen anbietet. Welches Metier?

Kunst und Kultur. Also Kunstpraxis. Ferner Wissens- und Kulturarbeit in der Provinz, abseits des Landeszentrums. Worum geht es dabei? Wie sichert man darin seine Existenz? Welche kulturpolitischen Fragen stehen an? Was ist innerhalb der Community denkbar, also im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen? Wie verzahnt sich das mit inspirierten Menschen anderer Bereiche? Welche Perspektiven können wir klären und sichern?

Das hat auch emotionale Momente wie diesen: Theatermann Ed Hauswirth schrieb dieser Tage auf Facebook: „Unlängst geschenkt bekommen und eine Entdeckung für mich, die Bob Dylan Platte von Sir Oliver Mally. Sehr gut für einen Abend wie diesen. #thanks Uwe Gallaun“.

Hab mit dem Sir per Telefon darüber geplaudert und bekam eine Sendung via Web. Das ganze Album. Eine feine Auswahl von Dylan-Songs, ganz lapidar und unaufgeregt eingespielt, sehr ruhig erzählt. (Das Cover in seiner Gestaltung eine Referenz an die Birds.)

Ich hab an anderer Stelle kurz erläutert, weshalb mir vieles an Aufgeregtheit, die übers Web daherkommt, auf die Nerven geht. Die letzten zehn Jahre war der Kulturbetrieb eine unerbittliche Mühle.

Da ging es für Freelancers in der Schwebe keinesfalls ohne Schrammen und Brüche ab. Was soll mich also die aktuelle Situation aufregen? Es hat jüngst noch niemanden geschert, wenn einer in dieser Branche absäuft.

Da will ich mich jetzt nicht mit Betroffenheitsgymnastik befassen, sondern die Aufgabenstellungen und Lösungsvorschläge bearbeiten. Siehe dazu: Eine interessante Krise“ (Oder: Katharsis gibt’s nicht beim Diskonter)

Gestern mochte ich auf Facebook notieren: „ich glaube nicht an slogans, nur an erzählungen!“ Natürlich will ich niemandes Privatmythologien anfechten. Was immer tröstlich ist, soll zu finden sein.

Aber mich, der ich Sorgen habe, die niemanden kümmern, der ich dafür gerade von sehr populären Sorgen weitgehend freigestellt bin, richte meinen Fokus nun lieber doch auf nächste Lösungsschritte, die sich nicht durch das Unterschreiben von Petitionen versprechen, sondern aus meinem eigenen Handeln kommen; und aus dem, was in der Verständigung mit anderen Menschen konkret gelingt.

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