7. Februar 2020

Wetterlagen

Kürzlich hatte ich einen Tag, an dem ich sanft erschrocken bin. Ich war annähernd ausgeschlafen, frei von Termindruck und von der Bürde unerledigter Arbeit. Ich war gerade ohne Geldsorgen und ohne Kummer welcher Art auch immer.

Sie verstehen sicher, das kann einen beunruhigen. Wir haben im alpinen Raum eine Tradition, die jemanden auf solche Befindlichkeiten folgendermaßen reagieren läßt: „Das wirst du noch büßen.“

Möchte man sich selbst verstehen, sollte man seine Leute verstehen können. Das ist einer der Gründe, weshalb ich eine wenigstens kursorische Geschichtskenntnis für empfehlenswert halte. Wer keine Ahnung hat, was bei uns die Menschen 10 bis 15 Generationen gelebt haben, wird über unsere Mentalitätsgeschichte von Kräftespielen bewegt, die einem sehr rätselhaft bleiben können.

Mich hat dieser Tage etwas anderes bewegt. Das Wetter. Als hätte es mich nach Irland verschlagen, wo man an einem einzigen Tag vier Jahreszeiten erleben kann. Naja, das Zeitfenster war etwas größer. Erst brach die Kälte und ich war verlockt, im T-Shirt nach draußen zu gehen, um das milde Wetter zu genießen.

Dann war da Eisregen. Schließlich etwas Schnee. Danach ein Stürmen wie im Herbst. Das ist alles nett anzusehen, läßt aber die ungezählten Knochenbrüche in meinem Leib blühen. Ein merkwürdiger Effekt, der sich an den gravierendsten Stellen anfühlt, als habe jemand mit dem Hammer draufgeschlagen. Der Rest ist wie ein Stück Chorgesang, ein vielstimmiges Klingen, zum Glück eher moderat.

So bin ich der Natur auf exklusive Art verbunden. In dieser sehr physischen Art der Welterfahrung geht mir einmal mehr durch den Kopf, welchen Zuwachs an Lebenszeit uns Wissensgewinn und Wohlstand ermöglicht haben.

Kürzlich las ich über die Weltreisende Ida Pfeiffer, eine Frau mit zähem Willen und enormer Belastbarkeit, die 1797 geboren wurde, die es auf 61 Lebensjahre bracht. Sie hatte zwei Leben, ich hab nun schon mein drittes…

[Eine Facebook-Notiz, siehe dazu auch: Ida – Allein unterwegs]

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